Einst Tafelsilber und nun fast wertloses Papier

Daun · Jahrzehntelang haben Wertpapiere des RWE-Konzerns auch dem Kreis Vulkaneifel teils üppige Einnahmen beschert. Doch die fetten Jahre sind vorbei. Das Unternehmen hat angekündigt, fürs laufende Jahr keine Dividende zu zahlen. 141 000 Euro sind damit für den Kreis futsch.

Lange Zeit galten die RWE-Aktien als Tafelsilber der Kommunen - zu Recht, sieht man allein die Wertsteigerung der Papiere von 2001 bis 2008 von 42 auf mehr als 100 Euro. Und auch danach lief das Geschäft des Energieriesen noch gut, zur Freude des Kreises Vulkaneifel, dessen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) 242 920 Aktien hält. Den Großteil des Pakets besitzt der Kreis seit den 1930er Jahren, als kommunale Elektrizitätseinrichtungen auf das RWE übergingen und die Kommunen dafür Wertpapiere bekamen. "Die Dividenden der RWE-Aktien waren seit Gründung die Haupteinnahmequelle der WFG. Dadurch war der Kreis in der komfortablen Situation, die Wirtschaftsförderung engagiert zu betreiben und somit über viele Jahre hinweg eine Vielzahl von Infrastrukturmaßnahmen professionell zu initiieren, zu fördern und zu begleiten", sagt Landrat Heinz-Peter Thiel (siehe Extra).

2009 flossen noch 920 000 Euro an Dividende. Von da an ging's bergab, erst recht, als die Bundesregierung 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss und damit RWE in Turbulenzen brachte. 2015 bekam die WFG noch 100 000 Euro, und für 2016 sollten "die Anleger abermalige Dividendenkürzungen ins Kalkül ziehen", heißt es im Vorbericht zum Wirtschaftsplan der WFG fürs laufende Jahr. Aber es kommt noch ärger als prognostiziert: RWE hat vergangene Woche angekündigt, für 2016 gar keine Dividende auszuschütten (der TV berichtete). Für den Vulkaneifelkreis bedeutet das: 141 000 Euro sind futsch. Was das konkret zur Folge hat, ist noch nicht klar: "Welche Auswirkungen die Streichung der Dividende haben wird, müssen nun die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat der WFG nun beraten", sagt der Landrat.

Klar ist aber schon: Die im Wirtschaftsplan 2016 aufgemachte Rechnung für die kommenden Jahre kann nicht mehr aufgehen. Darin heißt es: "Nach der mittelfristigen Finanzplanung bis 2018 wird unter der Annahme, dass sich die Dividendenerträge auf dem historischen Tief von 2016 stabilisieren und nicht weiter verschlechtern, mit Verlusten zwischen 270.000 und 300.000 Euro gerechnet. Dies wird dazu führen, dass im Verlauf des Wirtschaftsjahrs 2017 die Liquidität aus eigenen Mitteln aufgebraucht sein wird." Glückliches Trier, könnte man angesichts der Entwicklung des RWE-Papiers heute sagen.

Denn dort hatten die Stadtwerke 2008 alle 640.000 Aktien verkauft. Auch im Kreis Vulkaneifel stand ein solcher Schritt zur Diskussion. 2010 hatte die Kreistagsfraktion der Bürgerunion Vulkaneifel (BUV) beantragt, die Aktien - damals rund zwölf Millionen Euro wert - zu verkaufen, der Erlös sollte zur Sanierung des Haushalts verwendet werden.

Der Aufsichtsrat der WFG sprach sich gegen den BUV-Antrag aus. Begründung: Bei einem Verkauf der Aktien wären rund zwei Millionen Euro Steuern zu zahlen gewesen, auf weitere zwei Millionen Euro aus dem Erlös hätten die Mitgesellschafter (Kreissparkasse Vulkaneifel sowie die Volksbanken Eifel Mitte und Rhein AhrEifel) Anspruch gehabt. Die Mehrheit des Kreistags votierte gegen den BUV-Antrag. Sechs Jahre später sagt der heutige Vorsitzende Hans Ludwig, der seit 2009 im Kreistag sitzt: "Die Streichung der Dividende ist ein Desaster für die WFG, die vermutlich ihre Selbstständigkeit verlieren wird. Nun könnte das zwangsläufig passieren, was wir 2010 schon gefordert hatten: die WFG als Abteilung in die Verwaltung zurückzuführen. Es ist bedauerlich, dass Vermögen zerschlagen wird, ohne dass der Kreis was davon hat."Meinung

Ohne Moos nix mehr los?
Auch wenn es nun richtig düster aussieht für die Zukunft der WFG: Die Entscheidung, an ihr als eigenständige Gesellschaft festzuhalten, war richtig. Denn nur sie hat es dem chronisch klammen Kreis Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Allerdings funktionierte das nur, weil die RWE-Aktien Dividende abwarfen. Und jetzt: ohne Moos nix mehr los? Für die WFG in ihrer bisherigen Aufstellung wird es eng, denn es ist nicht absehbar, ob sich der Energiekonzern je wieder so erholt, dass er Dividende zahlen kann - und will. s.sartoris@volksfreund.deExtra

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) VulkaneifelmbH wurde 1982 gegründet. Aufgaben sind die Gründerförderung und Förderung der Ansiedlung neuer Firmen. Zudem ist sie Mitgesellschafterin in den Gründerzentren in Nerdlen-Kradenbach und Wiesbaum und hat eine Tochtergesellschaft, die Natur- und Geopark GmbH. Die WFG finanziert sich aus den Dividenden der RWE-Aktien sowie aus Zuschüssen.

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