Schulsozialarbeiterin: Das Internet verschärft die Konflikte

Welche Rolle spielen Smartphone und soziale Netzwerke bei Konflikten unter Schülern?Petra Schmidt: Es gibt keinen Konflikt mehr, bei dem das Internet keine Rolle spielt. Es gibt immer mehr Cyber-Mobbing und rassistische Sprüche.

Erst letztens wieder war ein Mädchen rassistischen Sprüchen ausgesetzt, zu denen Fotos und Videos hinzukamen. Da legen die jungen Leute viel Kreativität an den Tag.

Wie oft kommt so etwas vor?
Petra Schmidt: Dank guter Kontakte zu vielen Schülern werde ich zumindest auf die krassesten Dinge hingewiesen. Im jüngsten Schulhalbjahr hatte ich mit zwei solcher Videos zu tun und mit sechs Fällen von Beleidigung.

Was entwickelt sich da?
Petra Schmidt: Früher konnte einer den anderen nicht leiden, dann gab es in der Pause Streit oder auch einen drauf - fertig. Heute wird genauso geschubst und geprügelt, aber andere drehen ein Video davon und stellen es ins Netz. Das ist für das Opfer immer viel schlimmer, weil so die Sache nie aus der Welt ist. Das Internet verschärft die Konflikte.
Welche Worte fallen so?
Petra Schmidt: Es geht deutlich heftiger zu als face to face. Die Hemmschwelle im Netz sinkt rapide.

Beispiele?
Petra Schmidt: Nun, man muss sich nur die Serie Berlin Tag & Nacht anschauen, dann weiß man ungefähr, was so abgeht. Bitch oder Schlampe für Mädchen, Hurensohn für einen Jungen sind gebräuchliche Bezeichnungen.

Serien kommen und gehen: Also vielleicht nur ein aktueller Trend?
Petra Schmidt: Da habe ich meine Zweifel. Ich bin erschrocken darüber, wie viele junge Mädchen sehr freizügige Bilder von sich ins Netz stellen. Oder sich sogar überreden lassen, ein Sexvideo von sich drehen zu lassen. Und die sich dann wundern, dass es im Netz landet.
Was unternehmen Sie dann?
Petra Schmidt: Ich spreche mit den Beteiligten. Wenn kein grober Gesetzesverstoß vorliegt und niemand sonst gefährdet ist, gehe ich auf die Wünsche des Opfers ein. Und das bedeutet oft, dass nichts weiter unternommen wird. Wenn aber ein Erwachsener und eine Jugendliche dabei sind, schalte ich die Polizei ein. Auch das gab es schon.

Womit müssen Schüler rechnen?
Petra Schmidt: Das reicht von der Ermahnung bis zum Unterrichtsausschluss und eben dem Einschalten von Jugendamt und Polizei. Wenn ein gravierender Fall vorm Jugendgericht landet, gibt es nicht selten Sozialstunden. Im Alltag ist für die Schüler die schlimmste Folge aber das Einkassieren des Handys. Da hatte ich schon Jungs, die lange vor meiner Tür standen, oder Mädchen, die sich kreischend auf den Boden geworfen haben.

Ist die Jugend süchtig?
Petra Schmidt: "Es gibt nicht wenige, die stunden- oder tagelang vor dem Bildschirm hängen. Dennoch würde ich nicht generell von Sucht sprechen. Whatsapp ist die wichtigste Kommunikationsplattform der Jugend, sie ist inzwischen wichtiger als das zwischenmenschliche Gespräch. In der Eifel ist das teilweise verständlich, da es oft nur schwer möglich ist, sich nach der Schule zu treffen. Ich halte es für wichtig, die Heranwachsenden zu einem gesunden Umgang mit Smartphone und sozialen Netzwerken zu bringen, damit das reale Leben auch noch - oder wieder - stattfinden kann.

(Die Fragen stellte unser
Redakteur Mario Hübner.)
Extra

Petra Schmidt (31) ist Diplom-Pädagogin und seit Februar 2011 Schulsozialarbeiterin in der BBS in Gerolstein. Sie kümmert sich um Beratung, Konfliktlösung und Berufsorientierung. mh

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