Eine Frau auf dem First

Leiwen/Gutenthal · Unter den etwa 60 400 Dachdeckern in Deutschland ist gerade einmal ein halbes Prozent Frauen (Stand: 2011). Miriam Dorny wird eine von ihnen sein, nachdem sie ihre Gesellenprüfung abgeschlossen hat. In der TV-Serie "Ausbildung im Fokus" erzählt die 18-Jährige, warum sie sich für die Lehre bei der Firma Ludes in Leiwen (Kreis Trier-Saarburg) entschieden hat.

 Vollkommen schwindelfrei: Miriam Dorny erlernt das Dachdeckerhandwerk. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Vollkommen schwindelfrei: Miriam Dorny erlernt das Dachdeckerhandwerk. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Leiwen/Gutenthal. "Das hältst du nicht durch", war die Reaktion einiger Freunde, als sie hörten, welchen Beruf Miriam Dorny erlernen möchte. "Denen habe ich das Gegenteil bewiesen", sagt die 18-Jährige heute und lächelt. Sie ist im zweiten Jahr ihrer Lehre zur Dachdeckerin - und so begeistert bei der Sache wie zu Beginn.Als sie 2011 ihren Realschulabschluss machte, wusste sie zunächst nicht so genau, wie es weitergehen soll. Nur, dass es etwas Handwerkliches sein soll, war ihr klar. "Büro, das ist nichts für mich", sagt sie.Praktikum schafft Klarheit

Dass sie schließlich ausprobierte, wie es ist, in schwindeliger Höhe zu arbeiten, verdankt sie dem Freund ihrer besten Freundin: Er arbeitete damals bei dem Dachdeckerunternehmen Ludes in Leiwen an der Mosel. In einem anderthalbwöchigen Praktikum schnupperte Miriam Dorny Höhenluft. Schwindelfreiheit brachte sie mit: Schon als Kind kraxelte sie gern mit ihrer Freundin in einer riesigen Tanne, und zu ihren Hobbys gehört das Klettern im Hochseilgarten.Nach dem Praktikum war ihr klar, dass sie den Beruf erlernen will. Mit dieser Entscheidung hat sich die damals 16-Jährige in eine Männerdomäne begeben: Eine junge Frau als Dachdecker - das sei "außergewöhnlich", meint ihr Chef Michael Ludes. Gerade einmal knapp 300 Frauen waren im Jahr 2011 unter den insgesamt circa 60 400 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Dachdeckern und -helfern, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Das macht einen Anteil von einem halben Prozent.Lehrling des Monats

Für Miriam Dorny ist es kein Problem, sowohl in ihrem Ausbildungsbetrieb als auch in der Berufsschulklasse die einzige Frau zu sein. Sie kommt mit den Kollegen und Mitschülern gut klar. "In der Berufsschule gucken die anderen eher zu ihr auf, weil sie so gut ist", meint ihr Chef sogar. Für ihre besonderen Leistungen und ihre Einsatzbereitschaft wurde sie von der Handwerkskammer Trier im April auch als Lehrling des Monats ausgezeichnet. Michael Ludes ist ebenfalls "sehr zufrieden" und lobt: "Sie ist engagiert, setzt das Gelernte schnell um, ist zuverlässig."Arbeiten auf Sattel- und Flachdächern, an Fassaden und Terrassenböden, das Werken mit Schieferplatten und Ziegeln, Begrünungen, Wärmedämmung und Photovoltaik - das sind einige Bereiche, mit denen sich Miriam Dorny in ihrer Lehre beschäftigt. Jeden Tag pendelt sie bis zu einer halben Stunde pro Strecke von ihrem Heimatort Gutenthal bei Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) nach Leiwen, insgesamt fast 60 Kilometer. Das Arbeiten mit den Kollegen, die frische Luft, die unterschiedlichen Baustellen, zu denen sie fährt - das sind Dinge, die die 18-Jährige an dem Beruf schätzt. Vor allem aber, dass "man am Ende des Tages sieht, was man geschafft hat." www.hwk-trier.deExtra

In der Fachrichtung Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik stellen Dachdecker Holzkonstruktionen für Dachstühle her und decken Dach- und Wandflächen mit Dachziegeln und -steinen ein. Sie dichten Dach-, Wand- sowie Bodenflächen ab und stellen Wärmedämmungen her. Auch montieren sie Dachfenster und Systeme der Solarenergie, stellen Fassadenbekleidungen her, bereiten Flachdächer für Dachbegrünungen vor, bauen Vorrichtungen zur Ableitung von Oberflächenwasser und bringen Blitzableiter an. Alle genannten Teilbauwerke warten, inspizieren und reparieren sie auch. (Quelle: www.berufenet.arbeitsagentur.de) Die Ausbildungsdauer beträgt drei Jahre. Die Ausbildungsvergütung beträgt laut Handwerkskammer Trier derzeit 500 Euro im ersten Lehrjahr, 680 Euro im zweiten und im dritten 950 Euro. Ab September 2013 erhöht sich die Vergütung auf 515 Euro, 695 Euro beziehungsweise 995 Euro. Voraussetzungen sind meist mindestens guter Hauptschulabschluss, mittlere Reife oder Abitur. Im Bezirk der Handwerkskammer Trier gibt es 103 Ausbildungsbetriebe (Stadt Trier: 12, Landkreis Trier-Saarburg: 25; Landkreis Bernkastel-Wittlich: 30; Landkreis Daun: 19; Landkreis Bitburg-Prüm: 17). Für 2013 gibt es noch 30 freie Ausbildungsstellen. arn

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort