Frauen sind die Gelackmeierten

Trier. Teilzeitarbeit wirft häufig für die betroffenen Arbeitnehmer - überwiegend Frauen - erhebliche Probleme auf. Familie und Job zu vereinbaren, ist ein schwieriger Balance-Akt. Wenn den Teilzeitkräften von ihren voll erwerbstätigen Kollegen noch Steine in den Weg gelegt werden, fühlen sich manche wie ein fünftes Rad am Wagen. Auch für viele Unternehmer sind die Teilzeitarbeits-Regelungen ein Problem.

Als eine "eigentlich gute Sache" bezeichnet Anne Maurer (Name geändert) den gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit, der vor knapp drei Jahren in Kraft trat. Als Bürokauffrau arbeitet sie an drei Vormittagen in der Woche in einem Trierer Wirtschaftsunternehmen und versucht, die Erziehung ihrer zwei Kinder und den Job miteinander zu vereinbaren. Und das ist nicht so einfach. Hämische Bemerkungen an der Tagesordnung

"Da können noch so viele Gleichstellungs-Regelungen getroffen werden", sagt sie. "In der Praxis sind die Frauen klar die Gelackmeierten." Obwohl das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TZBFG) Gleichbehandlung und den Schutz vor Diskriminierung vorsieht, führt Maurer gleich eine Fülle von Klagen an. Hämische Bemerkungen ihrer meist männlichen Kollegen ("Die hat's gut, die kommt just for fun.") und bewusstes Verschweigen von Informationen, die in ihrer Abwesenheit eingegangen sind. Dazu eine schlechtere Ausstattung des Arbeitsplatzes ("Sie sind doch nur ein paar Stunden hier.") und vergleichsweise miese Aufstiegsmöglichkeiten. Muss sie wegen ihres kranken Sohnes Urlaub nehmen, wird unterstellt: "Sie müssen wohl ihren Haushalt mal wieder auf Vordermann bringen." Vorfälle, die für Detlef Schieben, Verdi-Geschäftsführer im Bezirk Region Trier, fast traurige "Normalität" sind. "Teilzeit und Mobbing gehen häufig miteinander einher", meint er. Ausgrenzung aus dem Betrieb, Nichtteilnahme an Dienstbesprechungen - unter dem Strich erbringen viele Teilzeitbeschäftigte eine größere Arbeitsleistung als Vollzeitbeschäftigte. "Die Frage ist, wo Diskriminierung anfängt", sagt Schieben, wenn der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts und unklarer Verträge beispielsweise die Arbeitszeit willkürlich bestimmt. Schieben empfiehlt, die Arbeitsverträge so konkret wie möglich abzufassen. Tatsache ist, dass Teilzeitarbeit für Frauen eine widersprüchliche Bedeutung hat. Einerseits ermöglicht sie, in bestimmten Lebenssituationen eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, was früher kaum machbar gewesen wären. Andererseits verfestigt Teilzeitarbeit die noch bestehende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Da Frauen in Teilzeit wegen der geringen Verdienstmöglichkeiten weiterhin von Männern abhängig sind, kommt ihnen lediglich die Funktion als "Zuverdienerin" zu. Die alte Rollenverteilung bleibt bestehen - Abstimmung von Familie und Beruf wird in den meisten Fällen zum reinen Frauenproblem. Ärger gibt es aber auch für die Arbeitgeber. Ingo Becker, Geschäftsführer der Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU), bezeichnet das TZBFG als "grausiges" Gesetz. Er weiß von organisatorischen Problemen der Arbeitgeber, auf bestimmte Arbeitszeitwünsche der Arbeitnehmer einzugehen. "Damit könnten wir ja noch leben, wenn nur die Kontrolle durch die Arbeitsgerichte realitätsnaher wäre." Er beklagt eine zu arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung, mit der Beschäftigte "letztlich auf dem Buckel der anderen" ihre Ansprüche durchsetzten. Ein Blick in die Statistik des Arbeitsamtes Trier zeigt, dass Teilzeitarbeit auf dem Vormarsch ist. Ob die Ursache für die fortschreitende positive Entwicklung allerdings mit dem Inkrafttreten des TZBFG oder mit einem generell gestiegenen Interesse an Teilzeitarbeit kausal zusammen hängt, wird von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Frage gestellt. Eine hierzu kürzlich veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB), die von gestiegenen Zahlen aufgrund des neuen Teilzeitanspruchs ausgeht, wird von den Arbeitgebern angezweifelt. Allein zwischen 1999 und 2000 - also vor Inkrafttreten des TZBFG - habe es einen bundesweiten Anstieg von 500 000 Teilzeitbeschäftigten gegeben. Fakt ist: Die Teilzeitarbeit wird voraussichtlich weiter ansteigen. Frauen werden vermutlich weiterhin eine Teilzeit- statt einer Vollzeitstelle wählen. Und das, um als Teilzeitkraft, findet Ingo Becker, "häufig mehr wegzuhauen als Vollzeitkräfte".

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