Manager ohne Moral?

TRIER/STUTTGART. (dpa/red) Nach der Erhöhung der Vorstandsgehälter bei Siemens hagelt es Kritik. Nicht nur Wirtschaftsbosse attackieren das Unternehmen. Auch die Kirchen kritisieren lautstark, allen voran der Trierer Bischof Reinhard Marx.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat mit einer harten Attacke seine Manager-Kollegen zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung aufgerufen. "Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn Konzerne Rekordgewinne melden und zugleich ankündigen, dass sie tausende von Arbeitsplätzen streichen", sagt er. "Ein möglichst hoher Gewinn kann doch nicht das einzige Ziel eines Unternehmens sein." Kritik an der Managermoral kam auch vom Trierer Bischof, Reinhard Marx: "Eine maßlose Gehaltserhöhung wie bei Siemens ist angesichts von Massenentlassungen schon dreist", sagte er in einem Zeitungsinterview. Der Siemens-Aufsichtsrat hatte beschlossen, die Vorstandsgehälter um rund 30 Prozent zu erhöhen, im Schnitt bekommt ein Vorstandsmitglied derzeit 2,49 Millionen Euro im Jahr. Kritisiert wird diese Gehaltserhöhung vor allem wegen der Stellenstreichungen bei Siemens. Weltweit sollen über 5000 Jobs wegfallen. "Wenn die Verantwortlichen der Wirtschaft nicht mehr das Gemeinwohl im Blick haben, sondern die Kapitalrendite, wird das System inakzeptabel", betonte Marx, der die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen bei der Deutschen Bischofskonferenz leitet. "Diejenigen Manager sollen mehr verdienen, die Arbeitsplätze erhalten", fordert der Trierer Bischof. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Berlins Bischof Wolfgang Huber, wertete das Verhalten des Unternehmens als unpatriotisch. Huber sagte: "Von der Wirtschaft erwarte ich etwas mehr Patriotismus und damit bewusste Verantwortung für das Gemeinwesen. Schließlich stellt es die Voraussetzungen für ihren Erfolg - wie Facharbeiter, Infrastruktur und ähnliches - zur Verfügung." Porsche-Chef Wiedeking mahnte: Es müsse "uns doch zu denken geben, wenn Menschen vielen Wirtschaftsführern und Politikern keinerlei Glaubwürdigkeit mehr zubilligen". Die Entwicklung könne dazu führen, dass "unsere ganze Gesellschaft instabil wird". Der Vorstandsvorsitzende verwies auf die Wahlergebnisse von Mecklenburg-Vorpommern, wo Rechtsextreme erfolgreich waren, und Berlin, wo die beiden großen Volksparteien nur gut 50 Prozent der Stimmen erhalten hatten: "Ich sehe in dieser Entwicklung ein Warnzeichen für die Gesellschaft." Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer verteidigte unterdessen die umstrittene Anhebung der Vorstandsbezüge. Auch nach der Anhebung bewege sich Siemens im Mittelfeld der deutschen Unternehmen. "Wir spielen bei Siemens aber in der Champions League. Und wie bei Bayern München kriegen wir nur dann die Spitzenleute, wenn wir angemessen bezahlen." Er bekräftigte zugleich, dass künftig die Managergehälter bei Siemens nicht mehr alle drei Jahre, sondern in kürzeren Intervallen angepasst würden. Durch eine erhöhte Transparenz der Managergehälter sieht von Pierer die Gefahr, dass sich die Vorstandsvergütungen durch permanente gegenseitige Vergleiche nach oben schrauben.

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