Minister eingeräuchert

Brüssel. (hw/dpa) Rund 5000 Tabakpflanzer haben aus Angst um ihre Existenz in Brüssel gegen die geplante Reform ihrer milliardenschweren EU-Beihilfen protestiert. Darunter auch Tabakanbauer aus dem Wittlicher Tal.

 Erhard Hayer bei der Tabakernte im Wittlicher Tal. Rund 5000 Tabakbauern demonstrierten gestern in Brüssel. Für die Landwirte geht es um ihre Existenz.Foto: TV -Archiv/Hermann Bohn

Erhard Hayer bei der Tabakernte im Wittlicher Tal. Rund 5000 Tabakbauern demonstrierten gestern in Brüssel. Für die Landwirte geht es um ihre Existenz.Foto: TV -Archiv/Hermann Bohn

Vor dem Brüsseler EU-Ratsgebäude, wo am Montag die Landwirtschaftsminister tagten, verbrannten sie Tabak und machten sich lautstark bemerkbar. Die Polizei sperrte den Bereich vor dem Gebäude ab. Zu ernsten Zwischenfällen kam es bis zum Abend nicht. Agrarkommissar Franz Fischler will den Tabakabbau grundlegend reformieren. Eine Entscheidung stand allerdings am Montag nicht an. Jährlich fließt gut eine Milliarde Euro Produktionsbeihilfen an die Ladwirte. Auch angesichts der massiven Nichtraucherkampagne der Kommission will Fischler nun, dass die Pflanzer den arbeitsintensiven Anbau aufgeben und auf andere Produkte umsteigen. Da Tabak zumeist in wirtschaftsschwachen Regionen der EU angebaut wird und dort der wichtigste Beschäftigungszweig sein kann, will Fischler einen großen Teil der bisherigen Prämien nutzen, um wirtschaftliche Alternativen aufzubauen. Die Tabakbauern fürchten dennoch um ihre Existenz. "Das ist eine Politik ins Blaue hinein", schimpft beispielsweise Werner Praeder, Geschäftsführer des Verbands der Tabakanbau-Vereine Rheinland-Wittlich. Noch gibt es sechs Tabakbauern in der Region. In den vergangenen Jahren hätten diese enorm investiert, sagt Praeder. Das Anbaugebiet in der Region wurde von rund 30 Hektar auf insgesamt 147 Hektar ausgeweitet. Und weitere Zahlen führt der Geschäftsführer an: Rund 263 000 Kilogramm Tabak haben die Anbauer in der Region verkauft, das reicht aus, um 9,5 Millionen Schachteln Zigaretten herzustellen. "Bei einem Steuersatz von gut 80 Prozent bringt das Bundesfinanzminister Hans Eichel immerhin 23 Millionen Euro in die Kasse", rechnet Praeder vor. Werden die EU-Pläne umgesetzt, hätten die Bauern im Wittlicher Tal keine Zukunft. "Auf Weltmarktniveau können wir hier nicht produzieren und Alternativen gibt es auch nicht. Hier werden Existenzen vernichtet", sagt der Tabakbau-Vereins-Geschäftsführer. Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast stellte sich indes hinter Fischlers Ansatz. "Es soll keinen finanziellen Anreiz mehr geben, Tabak anzubauen", sagte Künast am Rande des Rates. Es müsse um Alternativen für die Produzenten gehen.

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