Wenn Kleingeld plötzlich teuer wird

Trier · Immer mehr Banken verlangen Gebühren für Münzrollen und eingezahltes Münzgeld. Für Einzelhändler und Privatleute ist das ärgerlich und teuer. Grund dafür ist eine EU-Verordnung, die bereits seit Anfang des Jahres gilt. Doch erst jetzt, wo die Banken in der Region nach und nach Gebühren erheben, merken es die Betroffenen.

Trier. Matthias Pinnel aus Wincheringen (Kreis Trier-Saarburg) ist auf seine Bank derzeit nicht gut zu sprechen. Der Einzelhändler betreibt in dem Moselort einen Edeka-Laden. Klar, dass er da jede Menge Münzgeld braucht, doch seit kurzem muss er dafür der Sparkasse Trier Gebühren zahlen. "50 Cent kostet mich jetzt die Münzrolle. Wenn ich eine Rolle Ein-Cent-Münzen benötige, muss ich dafür einen Euro zahlen", ärgert sich der Händler.
Zweimal im Monat braucht er für sein Geschäft einen kompletten Satz an Münzen, das macht bei acht Münzarten und zehn Rollen dann jeweils 40 Euro, rechnet Pinnel vor. Der Edeka-Händler aus Wincheringen ist nicht der einzige Bankkunde, der sich derzeit über die Gebühren ärgert.Kritik der Banken


Der Grund für die Gebühren liegt allerdings in diesem Fall nicht ausschließlich bei der Bank. Die Finanzinstitute müssen die "EU-Verordnung zur Prüfung und wieder Inverkehrgabe von Bargeld" (so der offizielle Titel) umsetzen. Danach muss jede Münze von den Banken auf Verkehrssicherheit und Echtheit überprüft werden. Das bedeutet, dass nach dem Einzahlen jedes Cent- und jedes Euro-Stück einen langen Prüfweg vor sich hat, der bestätigen soll, dass die Münze echt und nicht beschädigt ist. Die aufwendige Prüfung ist auch den Finanzinstituten ein Dorn im Auge. Sie sind allerdings gezwungen, die Verordnung umzusetzen. Dabei tauchen in Deutschland im Jahr nur falsche Münzen im Wert von unter 100 000 Euro auf. Die Prüfkosten liegen indes um ein Vielfaches höher. Für die Echtheitsprüfung sind ausschließlich Maschinen und Sicherheitszertifikate der Bundesbank zugelassen.
"Die Anschaffung wäre mit extrem hohen Kosten verbunden. Aus diesem Grund haben wir uns für einen externen Dienstleister entschieden, der Bargeldver- und -entsorgung übernimmt", sagt ein Sprecher der Sparkasse Trier. Weiterhin seien Investitionen der Sparkasse in neue Münzrollenautomaten und Münzgeldzählmaschinen in Höhe eines höheren sechsstelligen Eurobetrages erforderlich gewesen. Die neuen Gebühren in Höhe von 0,50 Euro je gekaufter Münzrolle seien deshalb auch nicht kostendeckend. Bei der Sparkasse Trier sind allerdings Vereine, Kirchengemeinden, Stiftungen und Schulen mit Girokonto bei der Sparkasse ausgenommen. Das Gleiche gelte für alle Jungsparer, die in der Weltspartagswoche den Inhalt von Sparschwein oder -dose auf ihr Sparkonto einzahlten.
Auch andere Sparkassen und Banken in der Region haben bereits Gebühren eingeführt, denken darüber nach oder verzichten eben auf eine Umlage der Kosten. "Jede Bank kann dies nach ihrer eigenen Einschätzung regeln", sagt Michael Hoeck, Vorstandssprecher der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank Wittlich. Hier kostet die Münzrolle den Kunden zehn Cent, und wer Kleingeld abgibt, muss für je angefangene 1000 Münzen zwei Euro zahlen. Bei der Sparkasse Mittelmosel - Eifel/Mosel/Hunsrück sieht es ähnlich aus - zehn Cent kostet die Münzrolle, und für 1000 Münzen werden 2,50 Euro fällig. Ganz individuell hat es die Kreissparkasse Vulkaneifel gelöst: Für Privatkunden ist der Service kostenlos, bei Händlern richtet sich die Gebührenfrage nach dem Umfang der Dienstleistung.
Bei der Volksbank Trier und der Kreissparkasse Bitburg-Prüm fallen noch keine Gebühren an. Alfons Jochem, Vorstand Volksbank Trier eG: "Im Moment erhebt die Volksbank Trier keine Entgelte bei ihren Kunden für diesen Service. Natürlich müssen die neuen Richtlinien für die Vergabe der Münzrollen für unsere Volksbank geprüft werden."
Die Sparda-Bank West ist eine reine Privatkundenbank, Geschäftstreibende können dort also keine Münzrollen ordern, sollte eine Privatperson mal eine Münzrolle benötigen, werde sie für ihn kostenlos bestellt, teilt eine Sprecherin mit. Die Einzahlung von Münzen für Kunden der Bank oder auch Vereine sei kostenlos.
Die Postbank nimmt von Kunden gerolltes Kleingeld in handelsüblichen Größen (bis zu 50 Münzen) kostenlos an. Benötigt ein Kunde selbst Münzrollen, sei dies kostenlos, soweit die Filiale ein entsprechendes Kontingent vorliegen habe.
Bei der Deutschen Bank können Privatkunden ihr Münzgeld kostenlos einzahlen. Bei eigenen Geschäfts- und Firmenkunden fällt für Safebags ein Entgelt von zehn Euro je Safebag (vorgeschrieber Sicherheitbeutel) an. Grundsätzlich nehmen alle Filialen der Deutschen Bank Münzgeld an."Überreaktion der EU"


Insgesamt sehen Banken in der Prüfung der Sicherheit von Münzen eine Schikane. 2013 registrierte die Bundesbank lediglich 52 000 Münzfälschungen. Maximaler Schaden: 104 000 Euro. "Brüssel löst damit ein Problem, das gar keines war", sagt ein Sprecher des Sparkassenverbands. "Angesichts des potenziellen volkswirtschaftlichen Schadens könnte man von einer leichten Überreaktion der EU sprechen."
Münzrollen gibt es übrigens bei der Bundesbank kostenlos, doch die nächsten Filialen sind in Mainz, Koblenz, Ludwigshafen oder Saarbrücken.Meinung

Ein Eigentor der EU
Die EU bringt den rund 500 Millionen Menschen in Europa viele Vorteile. Doch bei der neuen Verordnung für Münzgeld sind die Brüsseler Bürokraten ganz weit weg von der Basis. Nutzen und Aufwand stehen in keinem vernünftigen Verhältnis. Die Banken in Deutschland müssen Millionen für die Umsetzung ausgeben, der volkswirtschaftliche Schaden durch gefälschte Euro-Münzen bleibt dagegen im "Kleingeldbereich". So zahlen in jedem Fall die Banken drauf und auch die Kunden, direkt, wenn es sie Gebühren kostet, oder indirekt, wenn die Bank die Kosten insgesamt umlegt. Vielleicht aber hatte die EU das große Ziel im Auge: endlich den in der Herstellung teuren Ein- und Zwei-Cent-Münzen den Garaus machen. Sonst ist diese Geschichte ein Eigentor. h.waschbuesch@volksfreund.deExtra

Die Deutschen hängen am Bargeld - selbst auf Kleinmünzen wollen sie nicht verzichten, wie die Deutsche Bundesbank betont. Auch an der Supermarktkasse drängt sich dieser Eindruck häufig auf: Die Schlange wird immer länger, weil ein Kunde nach Kleingeld sucht, um seine Rechnung auf den Cent genau zu begleichen. Doch die Zahl derjenigen, die Ein- und Zwei-Cent-Münzen am liebsten abschaffen würden, wächst. Bei einer Umfrage von myMarktforschung sprach sich kürzlich mehr als jeder Zweite (53 Prozent) dafür aus, die kleinen Geldstücke aus dem Verkehr zu ziehen. Ein gutes Viertel (28 Prozent) lehnte das ab. Diese Haltung ist neu. Noch 2011 befürworteten nur 39 Prozent die Abschaffung des kupferfarbenen Geldes. dpaExtra

In Irland werden in Geschäften seit kurzem die Preise auf die nächste Fünf-Cent-Stelle auf- oder abgerundet. Das Ziel sei, künftig weniger Ein- und Zwei-Cent-Münzen im Umlauf zu haben. Wichtigster Grund dafür ist, dass die Kleinmünzen wegen der gestiegenen Preise für die Rohstoffe Kupfer und Stahl bei der Herstellung mehr kosten, als sie wert sind. Rundungsregeln gibt es bereits in den anderen Euro-Ländern Belgien, Finnland und den Niederlanden. In Irland gilt die Regel nur beim Bargeld, und zwar für die Summe des gesamten Einkaufs - nicht aber für den Preis jedes einzelnen Artikels im Einkaufswagen. Zahlt der Kunde mit Karte, wird weiter auf den Cent genau abgerechnet. dpa

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