Georg Meistermann Verschollenes Werk taucht wieder auf

Wittlich/Düsseldorf · Mehr als 70 Jahre galt das Meistermann-Ölgemälde „Vase mit Blumenzweig“ als verloren: Nun ziert das Stillleben aus dem Jahr 1941 die Städtische Galerie im Alten Rathaus.

 Die edlen Spender, Doris und Helmut Hock (von links), enthüllen   ihre Schenkung an die Stiftung Stadt Wittlich. Bürgermeister Joachim Rodenkirch nimmt als Vorsitzender der Stiftung die Schenkung entgegen.

Die edlen Spender, Doris und Helmut Hock (von links), enthüllen   ihre Schenkung an die Stiftung Stadt Wittlich. Bürgermeister Joachim Rodenkirch nimmt als Vorsitzender der Stiftung die Schenkung entgegen.

Foto: Christian Moeris

In zartem Weiß getupfte Blüten erstrahlen vor einem gedämpften brauntonigen Hintergrund: Bis vor wenigen Monaten war wohl nur wenigen bekannt, dass ein symbolträchtiges Stillleben aus Georg Meistermanns Frühwerk den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hat. Im Werksverzeichnis sei das Ölgemälde „Vase mit Blumenzweig“ als zerstört deklariert gewesen, erklärt Bürgermeister Joachim Rodenkirch bei einer Vernissage der ganz besonderen Art am Mittwochabend in der Galerie im Alten Rathaus.

In Kopfhöhe neben ihm an der Wand hängt ein noch in schwarzes Tuch gehülltes Gemälde des 1990 verstorbenen Künstlers Georg Meistermann.

Der Maler, Zeichner und Grafiker schuf für die Stadt Wittlich zwischen 1949 und 1990 zahlreiche Glasfenster. Er gestaltetete aber auch Gemälde und Porträts. „Wir danken dem Ehepaar Hock aus Düsseldorf für diese großzügige Schenkung und dafür, dass wir es in die Meistermann-Sammlung der Stiftung Stadt Wittlich aufnehmen dürfen“, sagt Rodenkirch vor dem Höhepunkt des kulturellen Events. Viele Wittlicher Kunstliebhaber haben sich im Alten Rathaus versammelt, um dem feierlichen Akt der Schenkung und Enthüllung beizuwohnen.

Aus den Reihen des Publikums erheben sich Doris und Helmut Hock aus Düsseldorf, welche die Sammlung der Galerie im Alten Rathaus bereichern wollen. Die beiden edlen Spender fassen gemeinsam das schwarze Tuch, in welches sie ihre Schenkung an die Stiftung gehüllt haben, und mit einem schnellen Ruck am Tuch bringen sie ein lange verschollen geglaubtes Kunstwerk wieder zurück ins Licht der Öffentlichkeit. Das Publikum applaudiert beim ersten Anblick des verschollenen Meistermann-Ölgemäldes. Doch wo hat  das verloren geglaubte Kunstwerk die Kriegswirren und mehr als 70 weitere Jahre unbeschadet überstanden? „Wir haben es bei der Wohnungsauflösung bei meiner Tante im Esszimmer entdeckt“, sagt Doris Hock. Damit sei das Stillleben mehr als 70 Jahre in der Obhut der Familie verblieben, „denn meine Großmutter war die Schwester von Emma Meistermann, der ersten Frau des Künstlers“, erklärt Hock. Das Gemälde sei insofern bedeutend, sagt die Spenderin, da viele Frühwerke des Künstlers aufgrund eines Bombenangriffs im Jahr 1944, bei dem Meistermanns Atelier in Solingen getroffen wurde, als zerstört gelten.

Nach der Enthüllung tritt die Kunsthistorikerin Alexandra Orth ans Rednerpult. Sie hat das Kunstwerk schon vorher gesichtet und bietet den Gästen eine wissenschaftliche Einordnung des Werkes.  „Wie ein kleines Licht erblühen die weißen Knospen in Meistermanns Komposition“, sagt Orth. „Die getupften Blüten wirken vor dem großflächigen, kantigen Hintergrund zart und fragil.“ Solche Stillleben seien von alters her symbolische Bilder gewesen, erklärt Orth. „So galten blühende Zweige als Symbol des Glücks und der Zuversicht.“ Der Künstler, der zur Zeit des Nationalsozialismus unter Ausstellungsverbot stand, habe mit diesem symbolischen Bild, in dem das Licht des Zweigs in die bedrohlich wirkende Landschaft übergehe, die Hoffnung hinaus in die Welt tragen wollen.

 Ein kunstinteressiertes Publikum wartet auf die Enthüllung des Ölgemäldes.

Ein kunstinteressiertes Publikum wartet auf die Enthüllung des Ölgemäldes.

Foto: Christian Moeris

„Wir wollten, dass dieses Ölgemälde wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird“, sagt die Spenderin Doris Hock. Bei ihnen daheim seien bereits alle Wände vollgehangen. Hock: „Hier in Wittlich findet das Werk einen würdigen Platz für die Nachwelt und wir sind sicher, dass es hier gut aufgehoben ist.“ Sie sei vor allem vom Ergebnis des Restaurators, der den verblassten Farben wieder ihre Leuchtkraft verliehen habe, begeistert, sagt Hock. Rodenkirch: „Dieses Frühwerk rundet die Sammlung der Stiftung ab.“

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