Mit 42 zu Paralympics - Kirsten Bruhn will Gold

Hamburg (dpa) · Kirsten Bruhn ist ungeduldig. Das ganze Jahr über hat sie eine Schulterverletzung geplagt, ihr normales Krafttraining musste sie reduzieren. Und trotzdem holte die Schleswig-Holsteinerin zwei Goldmedaillen im August bei der Schwimm-WM in Eindhoven.

Über 100 Meter Brust und Rücken - und das mit 41 Jahren. Trotz eingeschränkter Vorbereitung legte sie auf der Bruststrecke sogar eine neue Weltrekordzeit von 1:33,85 Minuten hin. Doch nun hat sie sich im Trainingslager in Zypern eine Blasenentzündung zugezogen und darf gar nicht ins Wasser.

„Ich bin es nicht gewohnt, große Pausen einzulegen. Mir fehlt der Rhythmus“, sagt die Vorzeige-Schwimmerin des deutschen Behindertensports. Nach einem schweren Motorradunfall ist sie seit ihrem 20. Lebensjahr querschnittsgelähmt. Ihre Ausdauer trainiert sie seit Jahren alleine. Nur ihr Vater steht am Beckenrand, wenn sie ihre Bahnen zieht. Zur Jahreswende will sie ihr Programm wieder anziehen, denn eines weiß sie: „Wenn man älter wird, muss man eher mehr tun“. Auch im Behindertensport schläft der Nachwuchs nicht, in den vergangenen Jahren wurde die Förderung der Gehandicapten nicht mehr nur dem Zufall überlassen.

Für ihr großes Ziel, die Paralympics 2012 in London, darf sie nicht nachlassen. Manchmal holt sie sich auch Rat von ihrem Freund, der am Berliner Stützpunkt Techniktrainer ist.

Die Abschaffung der Ganzkörperanzüge - die Behinderten haben die gleichen Regeln wie Britta Steffen und Co. - kam ihr in dieser Saison entgegen. „Natürlich gleitet man wie ein Torpedo, aber für mich war es großer Stress. Ich brauchte eine Dreiviertelstunde, um da reinzukommen. Und auf Toilette konnte man dann nicht mehr“, erzählt die mehrfache Paralympics-Goldmedaillengewinnerin aus Neumünster.

Die Sozialversicherungsfachangestellte arbeitet bei einer Krankenkasse und kann durch die Unterstützung der Sporthilfe, die dem Arbeitgeber den Arbeitsausgleich finanziert, so viel Kacheln zählen, wie sie will. Das Highlight für die Wasserratte im nächsten Jahr werden die Europameisterschaften im Juni im Europa Sportpark Berlin sein - ein Test für die Paralympics ein Jahr später.

Sie weiß genau, dass sie in London noch mehr Konkurrenz bekommen wird. „Besonders in England, China, USA, aber auch im ganzen Ostblock wird im Schwimmen gepowert“, berichtet Bruhn, „und dort messen sich die Behinderten mit den ganz normalen Schwimmern“. Das sei sicherlich leistungsfördernd, hierzulande seien die deutschen Meisterschaften aber noch getrennt.

„Deutschland tut sich da sehr schwer, dabei hätten wir doch alle mehr Spaß“, meint Bruhn, die mit ihren 1,70 Metern Körpergröße einen schönen Schwimmstil verkörpert. Ihre Kraft holt sie beim Schwimmen nur aus der Arm- und Rückenmuskulatur. Damit das Training im Schwimmbad und Kraftraum nicht zu eintönig wird, ist sie zu Hause gern kreativ: Sie malt und entwirft Kleidung oder Schmuck.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort