Stolzes Shanghai: Schwimmwelt zu Gast

Peking (dpa) · Eigentlich wissen in China nur ausgesprochene Sportfans und natürlich die Shanghaier selbst, dass am Samstag die Schwimm-Weltmeisterschaft in der ostchinesischen Hafenmetropole anfängt.

„Was? Schwimm-WM? In China?“, reagieren etwa Pekinger diese Woche irritiert auf Fragen, ob sie sich für das größte Schwimmfest der Welt in Shanghai interessieren. In chinesischen Zeitungen sind auch kaum Berichte zu finden. Selbst in populären Blogs im Internet, die sonst kein Thema auslassen, gibt es wenig Kommentare.

Ein Jahr nach der Weltausstellung 2010 in Shanghai hat sich die 18-Millionen-Metropole für das 16-tägige Spitzenereignis gerüstet. Mit 181 Nationen gibt es eine Rekordteilnahme. Rund 3000 chinesische Freiwillige sollen dafür sorgen, dass sich die Schwimmwelt in Shanghai zu Hause fühlt.

Auch wenn die Begeisterung in China noch nicht richtig spürbar ist, sind die meisten Karten, insbesondere für die Endrunden, laut Verkaufsstellen längst ausverkauft. Aus Beiträgen in Online-Foren wird aber deutlich, dass viele Karten offenbar wie schon bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking in Kontingenten an Sponsoren, Sportverbände oder andere Organisationen gegeben wurden.

Eigens für die WM baute das Hamburger Architekten-Büro Gerkan, Marg und Partner (gmp) am Expo-Gelände auf der Ostseite des Huangpu-Flusses ein hochmodernes Schwimmzentrum - das Shanghai Oriental Sports Center. Wieder eine architektonische Sehenswürdigkeit aus China, das schon mit dem „Wasserwürfel“ bei Olympia etwas fürs Auge bot. Zwei Milliarden Yuan, heute umgerechnet 220 Millionen Euro, soll der aus drei Sportstätten bestehende Komplex nach Medienberichten gekostet haben.

Die Architekten haben sich von Wellen und Segeln inspirieren lassen. Viel Glas lässt natürliches Licht einströmen. Das Hauptstadion für bis zu 18 000 Besucher dient in Zukunft nicht nur für Schwimmwettkämpfe, sondern kann auch für Eislauf, Eishockey oder auch Basketball oder Turnen umgebaut werden. Im eigentlichen Schwimmstadion, wo alle Wasserball-Spiele steigen, finden 5000 Besucher Platz. Bis zu 5000 Zuschauer verfolgen die Turmspringer vor dem Hintergrund der Skyline des Flussufers von Puxi. Am Freitag wurde vor Ort noch der Feinschliff durchgeführt, dazu nutzten die Sportler die Anlagen fürs Training.

Mit Blick auf die Formel 1, ATP-Masters-Tennisturniere und andere sportliche Großereignisse von Weltrang sieht sich die Hafenmetropole selbstbewusst als ein wichtiges sportliches Zentrum der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt. „Shanghai ist bereits eine internationale Sportplattform“, sagt Li Yuyi, Direktor der Shanghai Sportverwaltung. „Die internationale Weltgemeinschaft hat erkannt, dass ein Top-Ereignis ohne China und Shanghai kaum einen größeren Markt und größeren Einfluss in der Welt erreichen kann.“

Chinas Schwimmer hoffen auf mindestens drei oder vier Goldmedaillen, wie Nationaltrainer Yao Zhengjie sagte. Die Hoffnungen ruhen auf dem erst 19 Jahre alten Schwimmer Sun Yang über 800 und 1500 Meter Freistil. Bei den Frauen sollen Liu Zige oder Jiao Liuyang über 200 Meter Schmetterling Gold holen. In Rom holten die chinesischen Athleten vor zwei Jahren vier Gold-, zwei Silber- und vier Bronzemedaillen - mehr als je zuvor.

Um das bisher begrenzte Interesse für die Weltmeisterschaft anzukurbeln, singen chinesische Olympiasieger und Popstars in dem WM-Titelsong „Lin Bo Shui Dao“ über die „wunderschönen Wellen“, die die Athleten auf ihrem Weg ans Ziel hinter sich lassen. Mithelfen soll auch das WM-Maskottchen „Jing Jing“ - eine freundlich dreinblickende, überdimensionale Schwimmbrille mit Armen und Beinen. Der Name ist von Brille (Jing) hergeleitet, doch wurden andere, gleichlautende Zeichen benutzt, die vielmehr kristallklare Reinheit beschreiben sollen und zusätzlich phonetisch abgewandelt auch wie „Gold“ oder „Vorwärts“ (Jin) klingen.

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