Politik Die Statue steht –  Karl Marx hat seinen Platz in Trier bekommen

Trier · Proteste, Feste, Prominenz: Trotz zahlreicher Demonstrationen verläuft der 200. Geburtstag des Philosophen friedlich. Die SPD-Chefin Andrea Nahles erklärt, warum Marx so aktuell ist.

Die Statue steht –  Karl Marx hat seinen Platz in Trier bekommen
Foto: Friedemann Vetter

Der 200. Geburtstag von Triers bekanntestem Sohn Karl Marx hat am Wochenende Tausende Menschen auf die Straßen gelockt. Höhepunkt des 5. Mai war die von zahlreichen Protesten begleitete Enthüllung der umstrittenen 5,50 Meter hohen Bronzestatue des chinesischen Künstlers Wu Weishan. Ein Geschenk der Volksrepublik China an Trier. Die Statue sei ein Symbol der Freundschaft, sagte Guo Weimin, Vizeminister des Presseamtes des chinesischen Staatsrates. Auch Oberbürgermeister Leibe und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sprachen von einer Geste der Freundschaft. „Wir müssen Marx nicht verstecken“, sagte Leibe über den Philosophen, mit dessen Leben, Werk, Zeit und Wirkung sich in Trier nun vier Ausstellungen intensiv auseinandersetzen – darunter  das am Samstag wiedereröffnete Karl-Marx-Haus.

Rund 500 Kommunisten, 70 AfD-Leute, ein 150 Köpfe starkes Bündnis gegen Rechts und mehr als 100 Anhänger der spirituellen, in China verbotenen Bewegung Falun Gong nutzen den Karl Marx-Tag, um für ihre Anliegen auf die Straße zu gehen. Laut Polizei blieb alles friedlich.

Polizeidirektor Ralf Krämer ist sehr zufrieden mit dem Verlauf des Polizeieinsatzes, an dem nicht nur mehrere Hundert rheinland-pfälzische Polizisten beteiligt waren, sondern auch zahlreiche Beamte aus dem benachbarten Saarland und Nordrhein-Westfalen.

Die Demonstranten hätten sich an die gemeinsam getroffenen Absprachen gehalten. „Die Teilnehmer haben sich sehr diszipliniert verhalten“, lobt der Polizeidirektor.

Auch zahlreiche Prominente verbrachten ihr Wochenende an der Mosel, darunter ein Teil der Bundesspitze der SPD, die zu einem Kongress ins Trierer Theater geladen hatte. SPD-Chefin Andrea Nahles forderte ihre Partei in einer Rede auf, Marx zu enttabuisieren. Die Sozialdemokraten sollten sich wieder stärker auf dessen Ideen besinnen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Partei-Vize Malu Dreyer nannte Marx den wichtigsten Ahnherren der SPD. Er sei aktuell wie nie. In einer Zeit, in der „Sozialstaat, sozialer Aufstieg, Mittelstandsgesellschaft und Wert der Arbeit nicht mehr selbstverständlich sind“, seien die Theorien und Erkenntnisse von Marx wieder in und interessant, sagte Nahles. Sie verglich in ihrer Rede vor rund 500 geladenen Gästen die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt mit der industriellen Revolution, die Marx seinerzeit anprangerte. Nahles forderte einen entkrampften Umgang ihrer Partei mit dem Philosophen. Viele seiner Ideen und Betrachtungen gehörten nach wie vor zur SPD. Diese hatte sich in ihrem Godesberger Programm 1959 offiziell vom Marxismus verabschiedet.

Linken-Politiker Gregor Gysi plädierte in einem Vortrag an der Uni Trier dafür, Marx vom „Missbrauch“ durch die Sowjetunion und die DDR zu befreien. „Er ist zweifellos ein großer Geist der Menschheitsgeschichte. Für seinen Missbrauch in der Sowjetunion, der DDR ist er nicht verantwortlich.“

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