Auch Kinder leiden unter Rheuma

TRIER. (red) Rheuma - vielen ein Begriff für eine Knochen- und Gelenkerkrankung bei älteren Menschen - trifft auch Kinder. Nur wenige wissen, dass diese Erkrankung bisweilen im Kindes- und Jugendalter auftreten kann. Bundesweit sind mittlerweile 50 000 Kinder und Jugendliche betroffen; jährlich kommen rund 800 Neuerkrankungen hinzu.

Lauraist eines von etwa 40 rheumakranken Kindern, die zusammen mitihren Familien in der Villa Kunterbunt an der KrankenanstaltMutterhaus der Borromäerinnen in Trier betreut werden. Rheuma istals chronische Erkrankung bei Kindern nur wenig bekannt. Bis zurErkennung der Diagnose vergehen oft mehrere Monate. Verlauf undSchweregrad können dabei sehr unterschiedlich sein Im Kindesalterkann die Erkrankung bei regelmäßiger und konsequenter Behandlungim Laufe der Zeit zur Ruhe kommen. Je früher die Krankheiterkannt wird, desto geringer ist die Gefahr bleibender Schäden.Von Anfang an sollte deshalb auf eine Vermeidung vonFunktionseinbußen der Gelenke hingearbeitet werden, was eineständige, zielgerichtete Zusammenarbeit der einzelnenTherapiebereiche verlangt. Die neunjährige Laura kam mitSchmerzen und Schwellungen im Sprunggelenk, Knie- undFingergelenk in die Kinderambulanz des Mutterhauses. DieSchmerzen und Schwellungen wurden mit starken,entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Einige Monate späterkamen starke Schmerzen im Kiefergelenk, in der Halswirbelsäulesowie in Schulter- und Zehengelenken hinzu. Die Injektion vonMedikamenten direkt in das Gelenk brachte den neuerlichen Schubzum Stillstand. Weil Medikamente neu dosiert oder eingestelltwerden müssen und regelmäßige Blutkontrollen nötig sind, bringtdie Erkrankung eine intensive ärztliche Betreuung mit sich. DerPhysiotherapeut und die Ergotherapeutin der Villa Kunterbuntkümmern sich ebenfalls um Laura. Zweimal wöchentlich kommt Laura zur Krankengymnastik. Auch die Eltern werden angelernt, Teile der Therapie täglich zu Hause fortzusetzen. Ein Ziel der krankengymnastischen Behandlung bei Laura ist das Erhalten und Wiederherstellen der vollen Gelenkfunktion und der altersentsprechenden Bewegungsmuster. Durch vorsichtiges Bewegen der Gelenke im schmerzfreien Bereich lernt Laura die Behandlung entspannt zu tolerieren. Ein weiteres Ziel stellt die Dehnung von verkürzter Muskulatur und die Kräftigung von zu schwacher Muskulatur dar. So wird das physiologische Muskelgleichgewicht wiederhergestellt. Die Ergotherapeutin erklärte Laura, wie ein Gelenk aufgebaut ist und warum bei Rheuma der Gelenkschutz notwendig ist - auch wenn sie gerade mal keine Schmerzen hat. Von der Ergotherapeutin lernte sie Tipps und Tricks, wie sie ihren Alltag erleichtern und Schmerzen vermeiden kann, z.B. mit Handschienen, Griffverdickungen oder speziellen Scheren und Keilkissen. Laura hat die Hilfsmittel während ihrer Ergotherapiestunden selbst ausprobiert und mit Knetmasse geübt, bestimmte Muskeln zu aktivieren, damit es nicht zu Fehlstellungen kommt. Gut fand Laura auch, dass die Villa-Therapeuten in die Schule gingen und ihre Lehrer und Klassenkameraden über die Erkrankung informierten und erklärten, warum Laura z.B. länger an einer Arbeit schreiben darf oder beim Sport nicht mitmachen kann.Laura bleibt neben ihrem Schulbesuch nur wenig freie Zeit: wöchentlich Krankengymnastik und Ergotherapie, täglich müssen vier bis fünf verschiedene Medikamente eingenommen werden. Bei ihrer Freizeitgestaltung muss Laura darauf achten, dass sie ihre Gelenke nicht zu stark belastet. Sportarten wie Schwimmen und Radfahren sind z.B. erlaubt, Gelenkbelastende Sportarten wie Trampolin springen oder Laufen sind dagegen ungünstig. Im akuten Schub müssen die Gelenke mehrmals täglich mit Eispackungen gekühlt werden. Häufig hat Laura morgens so steife Gelenke und große Schmerzen, dass sie nicht zur Schule gehen kann. Die dadurch entstandenen Lerndefizite sind nur mit großer Mühe wieder aufzuholen. Manchmal muss Laura für einige Zeit in einer Rheuma-Spezialklinik behandelt werden. Bei einer chronischen Erkrankung wie Rheuma sind die alltäglichen Anforderungen für die gesamte Familie sehr hoch. Das Gefühl, überfordert zu sein, ist für Patient und Eltern deshalb keine Seltenheit. Geschwisterkinder fühlen sich häufig vernachlässigt und "schlagen Alarm". Mit der Psychologin kann geschaut werden, wie die Familienbalance wiederhergestellt und die Krankheitsakzeptanz verbessert werden kann. Dazu sind manchmal Spieltherapie für Patient und Geschwisterkind sowie Gespräche mit den Eltern notwendig. Ziel aller Maßnahmen ist es, die Motivation des Kindes während der langen Behandlungsdauer zu erhalten. Entlastung für die Familien kann auch durch Klärung sozialrechtlicher Fragen geschehen. Die Sozialarbeiterin hat mit Lauras Eltern die Beantragung von Kuren, Schwerbehindertenausweis, Pflegegeld oder Entlastungsmöglichkeiten im schulischen Bereich besprochen.

Eltern rheumakranker Kinder sind im gleichnamigen Arbeits- und Informationskreis der Deutschen Rheuma-Liga organisiert. Ansprechpartner für den Bereich Trier ist Paul Zimmer, Telefon 06500/7429. Mittlerweile wurde im Internet ein Forum für junge Rheuma-Patienten eingerichtet. Unter www.rheumakids.de können sich erkrankte Kinder und Jugendliche mit Betroffenen austauschen, informieren und erhalten Tipps für das tägliche Leben.

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