Neue Kommission Das Ringen um die Rente von Morgen

Berlin · Was geschieht, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen? Eine neue Kommission soll sich um Sicherung der Altersbezüge kümmern.

Wie muss das deutsche Rentensystem der Zukunft aussehen? Zur Beantwortung dieser Schlüsselfrage hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gestern eine Expertenkommission eingesetzt. Ihre Vorschläge sollen im März 2020 vorliegen. Danach könnte bereits eine Reform starten.

Derzeit ist die Welt für Rentner und Beitragszahler noch weitgehend in Ordnung. Die Zuwächse bei den gesetzlichen Altersbezügen können sich sehen lassen, derweil der aktuelle Beitragssatz mit 18,6 Prozent den tiefsten Stand seit 23 Jahren erreicht hat. Für die Zeit bis 2025 haben Union und SPD eine „doppelte Haltelinie“ vereinbart. Demnach wird das Rentenniveau von jetzt 48 Prozent festgeschrieben und der Beitrag nicht über 20 Prozent erhöht. Nach allen Prognosen dürfte das ohne große Probleme funktionieren. Wie es nach 2025 weitergeht, steht jedoch in den Sternen. Klar ist nur, dass dann die „Babyboomer“ verstärkt in Rente gehen, also die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre. Deutlich mehr Ruheständlern stehen dann also tendenziell weniger Beschäftigte, sprich Beitragszahler, gegenüber.

„Die Demografie ab 2025 wird das System vor große Aufgaben stellen“, so Hubertus Heil gestern in Berlin. Womit auch die Herausforderung für die neue Rentenkommission umschrieben wäre, deren Spitzenvertreter sich zusammen mit dem Minister präsentierten. Geleitet wird das zehnköpfige Gremium von der ehemaligen Arbeitsstaatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) sowie dem Ex-Parlamentarier und Sozialfachmann Karl Schiewerling (CDU). Zu den weiteren Mitgliedern gehören Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern und der Wissenschaft. Mit dabei sind zum Beispiel der Münchner Wirtschaftsfachmann Axel Börsch-Supan und der Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, Gert G. Wagner. Beide gehörten schon der „Rürup-Kommission“ an, die sich Anfang der 2000er Jahre um Reformen für die Sozialsysteme gekümmert hatte. Auf dieses Gremium geht zum Beispiel der schrittweise Anstieg des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre zurück. Insbesondere Börsch-Supan gilt auch als Kritiker der aktuellen Rentenpolitik

Laut Koalitionsvertrag soll sich die neue Kommission mit der „nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung“ beschäftigen, aber dabei auch die betriebliche und private Altersvorsorge im Fokus behalten. Ein gänzliches neues System wie zum Beispiel eine Grundrente für alle scheidet demnach praktisch aus. Er mache der Kommission aber „keine Vorschriften“, versicherte Heil.

Für den weiterhin angestrebten „Interessenausgleich“ zwischen jüngerer und älterer Generationen gibt es freilich nicht allzu viele Stellschrauben im System. Um auskömmliche Renten zu sichern, könnten entweder die Beiträge spürbar steigen oder die Steuerzuschüsse. Letztere werden nach den Planungen von Heils Parteigenosse, Finanzminister Olaf Scholz, allerdings auch ohne Reform schon im Jahr 2020 die 100-Milliarden-Euro-Marke überschreiten. In Betracht käme auch eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters. Nach Heils Worten sollen die Weichen für eine Neuregelung noch vor der nächsten regulären Bundestagswahl im Herbst 2021 gestellt werden.

Aber auch so bleiben die Altersbezüge ein Dauerbrenner: Schon bis zur Sommerpause will der Minister die geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und die erweiterte Mütterrente in Gesetzesvorlagen gießen.

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