Der Engel von Burundi

Sie ist „der Engel von Burundi“: Dennoch haben die einen Angst vor Marguerite „ Maggy“ Barankitse oder halten sie gar für verrückt, während die anderen ihr höchsten Respekt zollen. 1991 rettete sie 25 Kindern das Leben.

Inzwischen sind es 10 000 Waisen, denen sie neue Hoffnung schenkte. 50 Jahre alt wird sie im Sommer. Wer sie während ihres Besuches in Wittlich erlebte, konnte es kaum glauben: Voller Elan war sie. Soeben ist die Biografie dieser furchtlosen Frau erschienen, die zu Hause "der Engel von Burundi" genannt wird. Marguerite Barankitse nutzte die Lesereise durch Europa zu einer Stippvisite in Wittlich. Dort existieren seit langem Freundschaften und ein rühriger Verein, der ihre Arbeit im Namen von Aids- und Kriegswaisen unterstützt. Auch die Frauengemeinschaft sammelt fleißig. Alle 14 Tage wandern die Spenden aus der Frauenmesse ins Haus Shalom (Haus des Friedens).

Ihr Einsatz macht Maggy viele Feinde

Maggy, bekannt mit Kofi Anan und Nelson Mandela, wird heute von Staatsoberhäuptern in aller Welt geschätzt. Diese Verbindungen schützen sie und ihr Projekt, denn kompromissloser Einsatz im Namen der Menschlichkeit liegt nicht in jedermanns Interesse.

Dass "ihre" inzwischen 10 000 Kinder keinen Unterschied machen zwischen Herkunft und Religionszugehörigkeit, birgt für jene, die mit kriegerischen Konflikten Geld verdienen, eine unberechenbare Gefahr. Ob Hutu oder Tutsi oder gar ein Tua, ein "Paria" in Burundis Gesellschaft: Sie teilen alle das gleiche schreckliche Schicksal und haben folglich alle das Recht auf gleiche Behandlung, sagt Barankitse. Und diese Überzeugung leben sie aus im Stammhaus Shalom und allen anderen Einrichtungen.

Immer mehr Waisen strömten nach Ruyigi

"Kinder sind nicht geboren, um in einem Schlafsaal mit 50 anderen zu schlafen", sagt "Mama Maggy". Auf Dauer verlören sie so ihre Identität. Der Anschluss an eine feste Gruppe, auch wenn es nicht die eigene Familie ist, wird angestrebt. Der Aufenthalt im Haus Shalom bedeutet für die Kinder ein Zwischenstadium in ein neues Leben. Maggy sorgt sich dabei nicht allein um Nahrung, Kleidung, Medizin und die schulische Bildung. Nahezu jeder in ihrem Land, das früher die Schweiz Afrikas genannt wurde, ist traumatisiert von Krieg, Elend und Aids. Daher gehören Psychologen zum festen Mitarbeiterstamm in Ruyigi. Begonnen hatte alles 1993 mit 25 Hutu-Kindern, die Maguerite Barankitse als damalige Mitarbeiterin des Bischofs mitten aus einem Gemetzel heraus rettete. Tutsi hatten ihre Eltern ermordet; nun wurde eine Tutsi zum liebevollen Mutterersatz.

Immer mehr Waisen strömten nach Ruyigi. Maggy kümmerte sich um alle. Manchmal fährt sie in Flüchtlingslager über die Grenze und bringt neue Bewohner mit: arme Geschöpfe, die sonst jämmerlich sterben würden. Zur Zeit leben hunderte von Kindern bei ihr: 283 davon sind unter zwei Jahren. Wo es geht, schickt sie die Kinder zurück nach Hause, sobald sie aufgepäppelt sind. Andere wohnen lange in den drei Dörfern, "Cité des Anges" (Engelsstadt) genannt, lernen schreiben und rechnen, arbeiten in der Bäckerei, der Werkstatt, der Wäscherei, im Hotel, oder bei den Schafen und Ziegen. "Da sind etwa die vergewaltigten jungen Mütter, selbst erst 13, 14 Jahre alt, mit ihren Kindern. "Die werden nicht zurückgeschickt; es liegt ein langer Heilungsprozess der kranken Seelen vor ihnen.

20 Prozent der Bevölkerung haben zusätzlich Aids, und Aufklärung fehlt. Gerade hat Marguerite den Nansen-Preis des UN-Flüchtlingskommissariats erhalten. 100 000 Dollar, die auf direktem Weg in den Bau des ersten Krankenhauses der gesamten Region fließen. Maggys Augen leuchten: "Wir beginnen mit einer Entbindungs- und Säuglingsstation." Unterstützung kommt von Caritas International, Unicef und Vereinen wie dem in Wittlich. Diese Freundschaft stammt noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg, der inzwischen vorbei ist, auch wenn die demokratisch gewählte Regierung noch auf wackligen Beinen steht. Maggys Einsatz hilft Schritt für Schritt dem ganzen Land. Der erste offizielle Besuch des neuen Präsidenten führte ihn in die Engelsstadt. "Du warst in den vergangenen Jahren die Einzige, die positive Botschaften aus unserer Heimat aussandte." vk/-agn Kontakt über Rudi Kemmer, Telefon: 06571/3310.

Petra Geisbüsch

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort