Auf den Architekten muss Verlass sein

Die meisten Menschen, die den Auftrag zum (Aus-)Bau einer Immobilie erteilen, sind - planerisch und bautechnisch gesehen - Laien. Deswegen sind sie auf die Beratung durch Architekten, Ingenieure und Bauleiter angewiesen. Immer wieder kommt es noch während der Arbeiten oder nach der Abnahme zum Streit unter Auftraggebern und Dienstleistern. Dieser wird oft vor Gericht ausgetragen. Hier finden Sie einige Urteile zu diesem Thema.

 Wenn der Bauherr zu nahe an die Klippe einer Steilküste will, trägt er im Schadensfall eine Mitschuld. Karikatur: Tomicek

Wenn der Bauherr zu nahe an die Klippe einer Steilküste will, trägt er im Schadensfall eine Mitschuld. Karikatur: Tomicek

Foto: Bundesgeschaeftsstelle LBS (-lo- ISDN/Mail)

Eine nicht zu unterschätzende Rolle im Baugeschehen spielt das sogenannte Bautagebuch. In ihm sollen alle wesentlichen Einzelheiten während des Arbeitsverlaufs beweiskräftig festgehalten werden, um später (zum Beispiel bei Rechtsstreitigkeiten) über eine entsprechende Dokumentation zu verfügen Führt ein Architekt kein Bautagebuch, obwohl er nach dem Leistungsbild der Honorarordnung dazu verpflichtet gewesen wäre, muss er nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) (Az.: VII ZR 65/10) mit Abstrichen rechnen. Konkret wurden ihm 0,5 Prozent des Gesamthonorars gestrichen.
Allerdings ist die Dokumentation nun auch wieder nicht so wichtig, dass ihr Fehlen gleich die ganze Abnahme eines Bauprojekts durch den Kunden verhindern würde. Wenn das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass das fehlende Tagebuch insgesamt nur einen unwesentlichen Mangel darstellt, dann muss sich der Bauherr nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Az.: 16 U 135/14) trotzdem der Abnahme stellen.
Beim Schallschutz nicht sparen


Der Schallschutz spielt vor allem bei größeren Bauvorhaben eine bedeutende Rolle. Haben Architekt und Bauträger gemeinsam beschlossen, hier zu sparen (einschalige statt zweischalige Trennwände zwischen zwei Reihenhäusern), dann kann der Käufer später auf Schadenersatz klagen. Anschließend stritten die beiden Beklagten darum, wer denn nun zahlen müsse. Der BGH (Az.: VII ZR 209/11) entschied, dass der selbst fachkundige und in die Probleme durchaus eingeweihte Bauträger zwei Drittel der Summe begleichen müsse und der Architekt ein Drittel.
Von einem Architekten erwartet der Kunde nicht zuletzt, dass seine Planungen nicht jedes finanzielle Maß übersteigen. Schließlich verfügen die meisten Auftraggeber nur über ein bestimmtes Budget. Bereits bei der Grundlagenermittlung sollten beide Vertragspartner den wirtschaftlichen Rahmen abstecken, an dem sich der Architekt dann auch orientieren muss. Tut er das nicht, dann entspricht seine Planung nach Überzeugung des BGH (Az.: VII ZR 230/11) "nicht der vereinbarten Beschaffenheit". Konkret hätten die Kosten statt 400 000 Euro 750 000 Euro betragen, woraufhin der Auftraggeber gleich auf das ganze Projekt verzichtete.
Was hilft die schönste Planung, wenn der Bauantrag nicht genehmigungsfähig ist? Nichts. Deswegen muss der Architekt stets im Auge haben, ob das von ihm ausgearbeitete Projekt dauerhaft genehmigungsfähig sein wird. Ein Bauherr und sein Architekt prozessierten bis vor den BGH (Az.: VII ZR 8/10) gegeneinander, weil ein bereits errichteter Anbau wieder hatte abgerissen werden müssen. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Auftraggeber vom Architekten ganz deutlich auf Probleme im Zusammenhang mit der Genehmigungsfähigkeit hingewiesen werden müsse.
Bei komplizierten Bauprojekten, deren Schwierigkeit von vorneherein jeder einsehen konnte, verweigern sich die Gerichte einem Generalverdacht gegenüber dem Architekten. So war es auch im Zusammenhang mit einem Bau an einer Steilküste, der später einstürzte. Der BGH (Az.: VII ZR 4/12) legte Wert darauf, dass man genau prüfen müsse, wie weit nicht der Auftraggeber bereits aus eigener Kenntnis um das Risiko hätte wissen müssen. Wenn er nämlich gegen die Pflicht verstoße, sich selbst vor Schaden zu bewahren, dann habe das ein Mitverschulden zur Folge. red

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