Kornblumen, Bier oder Trester - Dieser Ziegenkäse hat es in sich

Handarbeit aus der Eifel: Auf ihrem Hof in Gillenfeld in der Vulkaneifel produziert Inge Thommes-Burbach mit ihre Familie seit Jahren Ziegenkäse und liefert ihn an Feinkostläden in ganz Deutschland.

 Susanne Römer beim Stülpen des Ziegenkäses

Susanne Römer beim Stülpen des Ziegenkäses

Foto: Klaus Kimmling

Gillenfeld. Wenn mittags der Fahrer der Kühlspedition auf den Hof fährt, beginnt für den Ziegenkäse aus Gillenfeld in der Vulkaneifel eine Reise an die unterschiedlichsten Orte Deutschlands. Ob Kaufhaus des Westens in Berlin, Restaurant Tantris in München oder Feinkost Meyer auf Sylt - rund 160 Kunden beliefert der Vulkanhof mit Ziegenkäse in verschiedenen Variationen.

"Das klingt natürlich beeindruckend, aber es ist in 15 Jahren nach und nach entstanden", sagt Inhaberin Inge Thommes-Burbach. Die meisten ihrer Kunden kennt sie persönlich; viele besucht sie mindestens einmal im Jahr. Im Kaufhaus des Westens veranstaltet sie beispielsweise regelmäßig Verkostungen. Es sei aufwendig und teuer, nach Berlin zu reisen, um dort den Ziegenkäse vom Vulkanhof zu bewerben, sagt die 58-Jährige. "Aber es festigt auf jeden Fall die Kundenbeziehung."

Doch zurück nach Gillenfeld: Hier tummeln sich auf dem Vulkanhof 220 Milchziegen, acht Böcke und etwa 60 Jungtiere. Sie bilden wohl das wichtigste Kapital des Betriebs. Schließlich liefern die Milchziegen den Rohstoff, aus dem in Gillenfeld hochwertiger Ziegenkäse hergestellt wird. Im vergangenen Jahr kamen etwa 126 000 Liter Milch zusammen, aus denen die Käserei 14 Tonnen Ziegenkäse produzierte. Die Tiere verbringen die meiste Zeit des Jahres im Stall, an warmen Tagen können sie auch ins Freie. Gefüttert werden die Ziegen überwiegend mit Heu und Stroh aus eigenem Anbau.

Der Vulkanhof ist ein Familienbetrieb: Inge Thommes-Burbach leitet ihn, ihre Tochter Manuela Holtmann ist für die Käserei verantwortlich, und deren Mann Michael Holtmann kümmert sich um Ziegen und Landwirtschaft. Das schafft ein besonderes Arbeitsumfeld, das auch die zehn Mitarbeiter spüren. "Hier läuft alles in einer ruhigen, familiären Atmosphäre ab. Es herrscht nicht dieser Druck, den man sonst kennt", sagt etwa Elke Reuter, die für den Verkauf im Hofladen zuständig ist.

Die Käseproduktion nimmt im Melkstand ihren Anfang. Bis zu 20 Ziegen tummeln sich morgens und abends dort, zwölf von ihnen werden gleichzeitig gemolken. Aus dem Euter der Ziegen wird die Milch direkt durch Edelstahlleitungen in die Käserei gepumpt. Denn die Milch reagiert empfindlich auf äußere Einflüsse und verändert schnell ihren Geschmack, wenn sie beispielsweise mit dem Stallgeruch in Berührung kommt. Das soll auf dem Vulkanhof gar nicht erst passieren. Nach einer Reinigung landet die Milch üblicherweise in einem 1000-Liter-Tank.

An diesem Tag wird der Schnittkäse Eifelwürze hergestellt: Um die Rohmilch zu Käse weiterverarbeiten zu können, gibt Junior-Chefin Manuela Holtmann Milchsäure und Lab hinzu. Danach schwimmt im Tank eine gallertartige Masse, die maschinell gerührt und schließlich mehrfach von Hand geschnitten wird. Die Molke kann dadurch austreten. Das ständige Rühren führt dazu, dass sich der sogenannte Bruch in immer kleinere Körnchen teilt. Das beeinflusst die Konsistenz des späteren Käses: Je kleiner die Körnchen sind, desto fester wird er.

Vulkanhof setzt auf gläserne Produktion



Die Mitarbeiterinnen der Käserei kommen mitunter ganz schön ins Schwitzen. Denn während der Käseproduktion herrschen Raumtemperaturen von 24 bis 30 Grad. Es ist stickig, und die Arbeit ist ohnehin anstrengend: Der Käse wird nämlich von Hand aus dem Tank geschöpft und in Plastikförmchen gefüllt. Man könnte auch einfach die Molke abpumpen. Doch nicht im Vulkanhof: "Wir pumpen nicht, weil gepumpter Käse Industriekäse ist", sagt Inge Thommes-Burbach und ergänzt: "Aber wir machen hier Handwerk."

Der Käse in den Formen wird anschließend gedreht - nach 15 Minuten, nach 30 Minuten, nach 60 Minuten und nach 120 Minuten. Immer wieder muss also eine Mitarbeiterin Hand anlegen, damit die Molke gleichmäßig aus dem Käse abläuft und er sich nicht verformt. Der Flüssigkeitsverlust führt dazu, dass sich der Käse immer weiter verkleinert.

Die Kunden können das täglich mitverfolgen. Denn der Vulkanhof setzt auf eine gläserne Produktion. Das zeigt sich an den regelmäßig angebotenen Führungen, vor allem jedoch an der Architektur des Hauptgebäudes: Hofladen und Käserei sind nur durch eine Fensterscheibe voneinander getrennt.

In einem Kochsalzbad wird dem Käse schließlich erneut Flüssigkeit entzogen und zugleich eine würzige Note verliehen. Danach liegen die jungen Käselaibe zwei Tage im Vorreiferaum und werden anschließend bei einer Temperatur von zwölf bis 16 Grad im Reiferaum deponiert. "Da wird der Käse täglich gewendet und mit Salz abgerieben", erklärt Thommes-Burbach. Dadurch entstehe auch die Rinde des Schnittkäses.

Dieser Reifeprozess dauert zwei Monate und mehr. Je länger der Käse reift, je häufiger er mit Salz eingerieben wird, desto mehr Würze erhält er. Auf dem Vulkanhof findet sich Schnittkäse, der schon seit mehr als zwei Jahren reift. "Wenn der Käse so alt ist, steckt viel Arbeit in ihm, und das Kapital ist lange gebunden", sagt Thommes-Burbach. Erst im Kühlraum endet der Reifeprozess. Wenn der Käse dort bei 4,5 Grad lagert, herrscht Stillstand und er kommt in den Verkauf.

Künstliche Zusatzstoffe sind auf dem Vulkanhof tabu: "Ich bin absoluter Liebhaber richtig guter purer und unverfälschter Lebensmittel", sagt Inge Thommes-Burbach. Außerdem bewirtschaftet die Familie den Hof laut der Inhaberin in weiten Teilen nach den Grundsätzen der ökologischen Landwirtschaft. Ein Bio-Siegel trägt er jedoch nicht. Das sei in der Anfangsphase schlicht und einfach zu teuer gewesen, sagt Thommes-Burbach. Ob sich daran etwas ändert? "Man soll nie ,nie' sagen."

Das Käsesortiment umfasst Dutzende verschiedene Produkte und die Vielfalt nimmt immer weiter zu. Frischkäse wird etwa in Kornblumenblüten oder in Knoblauch und Kräutern gerollt. Besonders beliebt sind auch Weichkäse-Variationen wie etwa Eifelmilde mit Trester oder Abteibierkäse. Letzterer wird sechs Wochen lang täglich mit Starkbier aus der Abtei Himmerod eingerieben: Zum markanten Geschmack des Ziegenkäses gesellt sich so eine Biernote. Für den Trester-Käse verwendet Michaela Holtmann statt des Biers den Trester-Schnaps des Weinguts Clüsserath-Weiler in Trittenheim (Landkreis Bernkastel-Wittlich). "Unser Käse wird ja deutschlandweit verkauft, da finde ich es schön, wenn man auch die Region insgesamt bewerben kann", erklärt Inge Thommes-Burbach. Deshalb landen im Ziegenkäse gezielt Produkte aus der Region.

Regionalität ist für den Vulkanhof ein Dauer-Thema. Der Landgasthof Michels in Schalkenmehren oder das Einkaufscenter Bungert in Wittlich sind für Inge Thommes-Burbach wichtige Kunden. Der Hof ist seit 2010 auch Mitglied der Regionalmarke Eifel und der regionale Anteil am Gesamtumsatz der Käserei nimmt laut der Inhaberin zu. "Aber von unserem regionalen Geschäft allein könnten wir auch heute nicht leben", sagt sie. Dennoch findet Inge Thommes-Burbach es erfreulich, dass sich inzwischen auch einige kleinere Gaststätten in der Region mit dem Ziegenkäse auseinandersetzen und daraus interessante Gerichte machen.

Welchen Umsatz der Vulkanhof jährlich erwirtschaftet, will die Inhaberin allerdings ungern sagen. Das sei nicht wie bei einer Aktiengesellschaft, erklärt Thommes-Burbach. Auch wenn der Ziegenkäse deutschlandweit verschickt wird, bleibt der Vulkanhof immer noch ein landwirtschaftlicher Betrieb mitten in der Eifel. Und das ist wohl auch der Grund, weshalb die Chefin nicht über Geld sprechen möchte. "Der Vulkanhof lebt davon und es reicht immer noch für Investitionen", sagt sie stattdessen. Den Löwenanteil des Umsatzes erzielt die Käserei durch den Verkauf des Ziegenkäses an Käsegeschäfte. Das macht etwa 55 Prozent aus. Die Kunden aus der Gastronomie haben einen Anteil von etwa 25 Prozent und der Hofladen in Gillenfeld steuert die verbleibenden 20 Prozent dazu bei. Das Sortiment im Laden umfasst zwar auch andere Lebensmittel, aber der Käse spielt die Hauptrolle. "Die Produkte im Hofladen sind eine schöne Abrundung, aber wir verkaufen vor allem Käse", sagt Thommes-Burbach. Er mache 95 Prozent des Umsatzes im Hofladen aus.

Aber weshalb überhaupt Ziegenkäse? Das war nicht immer so. Als Inge Thommes-Burbach den Bauernhof 1985 von ihren Eltern übernahm, spezialisierte sie sich auf Milchkühe. Dann gingen Anfang der 1990er Jahre die Milchpreise sowie die Preise für Schlachtvieh und Kälber in den Keller. "Ich dachte mir, dass das nichts ist, was vorübergeht", sagt Thommes-Burbach. Sie wollte ihren Betrieb nicht auf 100 Kühe oder mehr aufstocken müssen und hatte auch keine Lust auf die ständige Abhängigkeit von Subventionen. Also begann die Suche nach einer Alternative. Denn mit ihrer ältesten Tochter Manuela, die Landwirtschaft gelernt hatte, war die Hofnachfolge gesichert.

Die Inspiration kam auf einer Frankreichreise



Es kam eines zum anderen: Inge Thommes-Burbach hatte sich während einer Frankreich-Reise für Ziegenkäse begeistert und ihre Tochter hatte im Haus Riswick, einem Versuchsgut der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, die Ziegenhaltung kennengelernt. Sie brachte dazu Auswertungen mit nach Hause, so dass die beiden sehen konnten, was sich mit den Ziegen verdienen lässt. Über Kleinanzeigen besorgten sich Mutter und Tochter schließlich die ersten 37 Ziegen. Damals hatte noch niemand vermutet, welche Entwicklung das Projekt nehmen würde. Es sollte nur ein Zusatzgeschäft werden. Inzwischen ist der Ziegenkäse vom Vulkanhof auf Sylt ebenso ein Begriff wie im tiefsten Bayern.

EXTRA



Auf dem Vulkanhof sind Besichtigungen möglich. Besucher können einen Blick in den Stall werfen und erfahren detailliert, wie der Ziegenkäse hergestellt wird. Sie erhalten Infor matio nen über die Ziegenhaltung, das Melken der Tiere und die Auf zucht der Zicklein. Der Rund gang dauert etwa anderthalb Stunden und endet mit einer Käseprobe. Neben den gebuch ten Besichtigungen gibt es dieses Jahr auch offene Hof führungen. Termine: 7., 14., 21. und 28. Juli sowie 4., 11., 18. und 25. August. Beginn ist jeweils um 15 Uhr. Außerdem gibt der Einkauf im Hofladen die Möglichkeit zu einem ersten Blick in die Käserei. Der Laden ist zwischen März und Oktober jeweils montags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Im Winter gelten andere Öffnungszeiten. Infos und Anmeldung unter Telefon 06573/9148 oder 02676/8462

ZAHLEN

Kornblumen, Bier oder Trester - Dieser Ziegenkäse hat es in sich
Foto: Klaus Kimmling
 Knapp 300 Ziegen leben auf dem Vulkanhof, sie weren überwiegend mit heu und Stroh aus eigenem Anbau gefüttert

Knapp 300 Ziegen leben auf dem Vulkanhof, sie weren überwiegend mit heu und Stroh aus eigenem Anbau gefüttert

Foto: Klaus Kimmling
 Elke Reuter mit dem fertigen produkt an der Verkaufstheke der Käserei

Elke Reuter mit dem fertigen produkt an der Verkaufstheke der Käserei

Foto: Klaus Kimmlinmg



Fast 300 Tiere der Rassen Weiße Deutsche Edelziege und Bunte Deutsche Edel ziege leben auf dem Vulkanhof. Sie verbringen die meiste Zeit in einem gut belüfteten Stall und errei chen eine Lebenszeit von etwa acht Jahren, bevor sie geschlach tet werden. Sie fressen täg lich etwa 1,5 Kilogramm Heu, 200 Gramm Stroh und etwa 600 Gramm Luzerne. Außer dem bekommen die Ziegen rund 500 Gramm Ergän zungs futter sowie zehn Liter Wasser am Tag. Sie geben jährlich bis zu 680 Liter Milch, aus der am Vulkan hof Ziegenkäse produziert wird. Für ein Kilogramm Frisch käse werden etwa fünf Liter Milch benötigt, für Weich käse neun Liter und für Schnittkäse 13 Liter.

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