Nachhall des Getöses

In der Politik ist es wie im wirklichen Leben: Geht es bei einem Streit erst einmal darum, ob man sich durchsetzt oder das Gesicht verliert, also nur noch um Macht und Prestige, dann gibt es bald keinen rationalen Ausweg mehr. Anders gesagt: Wer sich selbst auf die Palme gebracht hat, kommt da nur schwer wieder runter.

Das ist der CSU mit dem Betreuungsgeld und der Maut jetzt zwei Mal hintereinander im bayerischen Wahlkampf passiert. Und ganz Deutschland muss es ausbaden. Beides sind höchst populistische Forderungen, die nach einem simplen Rachemechanismus funktionieren: Wenn die, dann auch wir, wenn die nicht, dann auch wir nicht. Wenn es Geld für Kinderkrippen gibt, bitteschön, dann auch für die Betreuung zu Hause. Wenn wir in Österreich für die Autobahn zahlen müssen, dann auch die Ösis bei uns. Denen zeigen wir\'s.
Klug wäre es natürlich, solche populistischen Sprüche im Wahlkampf gar nicht erst zu machen, oder, wenn man denn schon meint, sie machen zu müssen, sie nicht in den Status eines Versprechens zu heben, das man auf Biegen und Brechen erfüllen muss. Sonst ist man - siehe oben - schnell dort, von wo es tatsächlich kein Zurück mehr gibt, außer Sieg oder Absturz. Ein schönes Beispiel dafür ist die FDP mit ihrer Aussage, sie werde keine Koalition eingehen, die nicht massiv die Steuern senke. Dafür fehlte bekanntlich das Geld, die Partei stand als blamiertes Großmaul da und erhielt von den Wählern die entsprechende Quittung. Absturz.
Die CDU hat sich mit dem Versprechen der schwarzen Null und dem Slogan "keine Steuererhöhungen" im letzten Bundestagswahlkampf in ähnlich irrationaler Weise verrannt. Jetzt ist sie bewegungsunfähig in der Krise und könnte, selbst wenn sie wollte, nicht mal den Mehrwertsteuersatz für Schnittblumen anheben. Geschweige denn die nötigen Investitionsimpulse setzen. Dabei wäre eine Neuverschulung von 0,35 Prozent des Bruttosozialproduktes absolut kein Beinbruch und bliebe sogar noch im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse, die die schärfste der Welt ist. Die Rente mit 63 der SPD ist auch nicht viel besser. Was wir also derzeit bei der schwarz-roten Koalition erleben, ist der Nachhall längst vergessener Kampagnenknüller. Hätte man damals nicht so laut getönt, müsste man jetzt nicht so unvernünftig handeln. Und diese Koalition will, so der Titel ihres Vertrages, "Deutschlands Zukunft gestalten".

nachrichten.red@volksfreund.de

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