Obamas Schweigen

Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Ereignisse im Gaza-Streifen haben sich bisher so gut wie alle maßgeblichen Welt-Politiker zu Wort gemeldet - von Frankreichs Nicolas Sarkozy über UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon bis hin zu Angela Merkel.

Umso eigentümlicher mutet deshalb das hartnäckige Schweigen jenes Mannes an, der in drei Wochen als Präsident der Supermacht USA das Heft in die Hand nehmen wird: Barack Obama. Der Hinweis aus dem Obama-Lager, man "beobachte" die Vorgänge in Nahost, kann wohl nicht ernsthaft als Bewertung der Lage interpretiert werden. Und auch der Entschuldigungsversuch, man verzichte auf eine Kommentierung, weil es "immer nur einen Präsidenten im Land" geben könne, verfängt nicht, weil das Recht auf Meinungsfreiheit rund um den Erdball grundsätzlich jedem zusteht - und weil man gerade von Obama nach acht Jahren George W. Bush neue Akzente und neue Ideen zur Entschärfung von Brandherden erhofft.

Dabei würde sich Obama, würde er endlich reden, gar nicht in unbekannte Gewässer vorwagen müssen. Bereits im Sommer dieses Jahres machte er bei einem Israel-Besuch deutlich, dass er "alle Optionen" angesichts des nicht abreißenden Raketenterrors durch die Hamas für zulässig hält. Obama vermied es damals, sich mit der Frage zu beschäftigen, wann man eine militärische Reaktion als "unangemessen" bezeichnen könnte - wohl in dem Bewusstsein, dass es bei einem Krieg, wie ihn Israel derzeit gegen das von Radikalen dominierte Gaza führt, keine klare Definition dazu geben kann. Bezeichnend dafür ist, dass bisher auch die meisten Kritiker Israels einer Antwort ausweichen, wie weit denn der Versuch gehen darf, den Raketenbeschuss zu unterbinden. Obama müsste also gar nicht diese überflüssige Detailfrage ansprechen.

Doch noch eine weitere Tatsache macht sein Schweigen befremdlich: Mit der im Sommer vertretenen Position liegt Obama sogar deckungsgleich mit der Ansicht Bushs, der sich zwar auch nicht zu Wort meldete, aber immerhin durch seine Sprecher der Hamas eindeutig die Schuld an der Eskalation gab - und damit wiederum mit der deutschen Bundeskanzlerin übereinstimmt.

nachrichten.red@volksfreund.de

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