Lest erstmal, damit ihr wisst, wovon ihr schwafelt!

Zum Fall Sarrazin:

Dass die "Edlen und Aufrechten" dieses Landes, die man vornehmlich in Politik und Medien findet, heulend und heuchelnd über Thilo Sarrazin herfallen würden - nun, das war zu erwarten und sollte niemanden verwundern. Schließlich sind sie dafür zuständig, über Probleme zu reden und sie dann einvernehmlich unter den Teppich zu kehren. Doch mit welch einer Hysterie das diesmal geschieht, zeigt, dass Sarrazin wieder einmal dorthin gestochen hat, wo es wehtut. Denn nur getretene Hunde bellen.

Wenn eine Publizistin wie Nec la Kelek, mit den Eltern aus der Türkei eingewandert und Autorin etlicher migrantenkritischer Bücher, mit Sarrazins Veröffentlichung einverstanden ist, wenngleich sie nach eigenem Bekunden nicht jeden Satz unterschrieben hätte, was, bitte sehr, ist dann eigentlich zu kritisieren? Nicht zu vergessen die Veröffentlichung der verstorbnen Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig ("Das Ende der Geduld"), die sehr zurückhaltend und nüchtern etliche derselben Schwierigkeiten mit Einwanderern beschreibt wie Sarrazin. Wenn nun eine große Zahl namhafter Politiker und Journalisten über Sarrazin hecheln - die Richtung, in die die Lemminge rennen, ist immer die falsche (vergleiche die gehabte Finanzkrise, die zahllosen Lemmingen Vermögensverlust bescherte). Jedenfalls läuft das Buch im Verkauf außerordentlich gut, was zeigt, dass die Käufer das öffentliche Gezerre nicht schert, ihnen allerdings die Zukunft des Sozialstaats, der seit Jahren eben auch integrationsunwillige Einwanderer durchfüttert, auf den Nägeln brennt.

Ich selbst betrachte die größeren und kleineren Karrieren vieler Migranten mit allergrößter Hochachtung, die bereit waren, die von Deutschland gebotenen Chancen in Bildung und Ausbildung zu nutzen und daher genauso aufsteigen konnten wie von deutschen Eltern in Deutschland geborene Kinder. Immer wieder lese ich, dass die überproportionale Kriminalität von Einwandererkindern sich auswächst, daher müsse man sie aushalten. Dem halte ich entgegen: Thilo Sarrazin muss man auch aushalten. Und den Kritikastern rufe ich zu: Lest Sarrazins Buch erstmal, damit ihr wisst, wovon ihr schwafelt!

Wolf-Rüdiger Wulf, Trier

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