Konzerte / Klassik Überschäumende Experimentierlust

Trier   · Beim 3. Kammerkonzert im Kurfürstlichen Palais bringt das Brentano String Quartet Musik von Haydn, Carter, Aucoin und Mendelssohn mit.

Ein Quartett kommt aus Amerika ins Trierer Kurfürstliche Palais. Und – keine Frage: Es bringt auch Musik aus der Neuen Welt mit. Das Brentano-Quartett, das bereits Anfang 2009 in Trier auftrat, hat für das 3. Konzert der Kammermusikalischen Vereinigung Trier (Mittwoch, 23. Januar, 20 Uhr) Kompositionen von zwei amerikanischen Zeitgenossen im Gepäck. Vielleicht gehört Elliot Carter (1908-2012), der wichtige Phasen seines langen Lebens in Europa verbrachte, gerade darum als einer von Amerikas führenden Komponisten dazu. Die „Elegy“ (1942/43), die noch vor den bedeutenden Streichquartetten entstand, gilt als seine älteste und auch traditionellste Quartettkomposition. „Carter gehörte noch zu einer spezifisch nordöstlich-amerikanischen Kultur, die ähnlich wie in Deutschland durch Bildung und Besitz geformt war“, heißt es in einem Nachruf.

Deutlich näher an der Gegenwart steht die Komposition „Soft Power“ von Matt Aucoin (*1990) nach einem Auftrag des Brentano-Quartetts. Aucoin schreibt zu seinem Werk: „Es ist eine Art Meditation, eingeleitet von einer einfachen Geste, von allen vier Spielern gespielt: ein einziger Akkord, gespielt in einer stotternden Weise, kehrt immer wieder, wie eine Welle. Die Weise fühlt sich für mich an wie ein tiefer Atemzug, den man mit Anstrengung macht, um sich selbst zu beruhigen“. Für Spannung ist also gesorgt.

Joseph Haydn zu Beginn und Felix Mendelssohn Bartholdy  als Abschluss – das klingt für ein Streichquartett-Programm ziemlich konventionell. Aber der Eindruck täuscht. Haydns Streichquartett op. 20,2 strahlt eine geradezu überschäumende Experimentierlust aus. In den ersten Takten spielt das Cello, das tiefste Instrument im Streichquartett, die höchste Stimme, bevor dann die erste Geige die Führung übernimmt. In der Mitte des einleitenden Sonatensatzes kommt es zu einer überraschenden Scheinreprise. Der langsame Satz im düsteren c-Moll beginnt mit einem bizarren Unisono. Und das Finale besteht aus einer Fuge mit vier Themen. Solch „gelehrte“ Musik war im Zeitalter von „Empfindsamkeit“ und „galantem Stil“ zweifellos eine Provokation.

Mendelssohns Quartett op. 44,3  gehört in seiner außerordentlich anspielungsreichen, dichten Struktur zu den großen Werken der Gattung. Zu Lebzeiten Mendelssohns gehörte es zu dessen beliebtesten Werken. Das Quartett ergehe sich in „so schön menschlicher Sphäre, wie man es von Mendelssohn als Künstler wie als Menschen erwarten kann. Auch hier gebührt ihm die Palme unter den Zeitgenossen“, schrieb Robert Schumann nach der Uraufführung in Leipzig.

Nach einer Phase der Ablehnung gewinnt das Werk auch durch neuere Analysen mittlerweile immer mehr musikverständige Freunde. Mit ihm schließt das dritte Trierer Kammerkonzert ab.

3. Kammerkonzert im Kurfürstlichen Palais, Mittwoch, 23. Januar, 20 Uhr. Werke von Haydn, Elliott Carter, Matt Aucoin und Felix Mendelssohn Bartholdy. Brentano-Quartett, New York. Karten gibt es unter der TV-Tickethotline 0651/7199–996, unter www.volksfreund.de/tickets sowie im Trierer Musikhaus Kessler. Weitere Informationen auf www.kammerkonzerte-trier.de

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