Portrait Die Kulturmacherein Evelyn Czesla Musik, Musik, Musik

Wer sich aus Trier zu einem Konzert in der Luxemburger Philharmonie bringen lassen will, der verdankt den Shuttle dem Engagement von Evelyn Czesla. Die Sopranistin hat nach vielen Jahren am Theater neue Berufungen gefunden.

 Kulturmacherin Evelyn Czesla fühlt sich in ihrem neuen, musikalischen Leben sehr wohl.

Kulturmacherin Evelyn Czesla fühlt sich in ihrem neuen, musikalischen Leben sehr wohl.

Foto: Dirk Tenbrock

Selbst wenn es ein Schellack-Schlager von 1939 ist, so passt er doch wie angegossen auf  die Trierer Sopranistin Evelyn Czesla, die ihr Leben dann aber doch eher der klassischen Musik widmet: „Ich brauche nur Musik, Musik, Musik, Musik“, sang dereinst Marika Rökk zur Melodie von Peter Kreuder, und das ist auch der Lebensinhalt der in Detmold aufgewachsenen ehemaligen Solistin des Trierer Opern-Ensembles, dem sie bis 2015 für über 13 Jahre angehört hatte. Intendant Heinz Lukas-Kindermann war begeistert von der jungen Soubrette des Darmstädter Opernchores, sein Nachfolger Gerhard Weber besetzte einige seiner schönsten Opern mit ihr: „La Bohème“, „Peter Grimes“ oder Donizettis „Liebestrank“. Besonders mochte Czesla ihre Olympia in „Hoffmanns Erzählungen“ im Jahre 2008 in der Regie von Birgit Scherzer als mechanische Puppe; die Komik und das tänzerische Element haben ihr damals besonders gefallen. 2015 rasierte der neue (und schnell wieder verschwundene) Intendant Karl Sibelius fast das gesamte künstlerische Ensemble, und Evelyn Czesla musste sich, weil sie in Trier bleiben wollte („Die Trierer Gegend, das fühlt sich für mich immer noch nach Urlaub an!“), nach einem neuen Betätigungsfeld umsehen. Klar, dass das für die an der Frankfurter Musikhochschule diplomierte Sopranistin mit Musik zu tun haben musste. Mit ihrem Lebensgefährten, dem auch am Trierer Theater engagierten Niederländer Bassbariton Nico Wouterse, fand man „per Zufall“ bei einem Abendessen den Kontakt zu der Konzertpianistin Michèle Kerschenmeyer. Die Professorin am Luxemburger Konservatorium und die beiden Wahl-Trierer verstanden sich privat und professionell auf Anhieb, und so wurde das ungewöhnliche Trio zu „Cénacle“, benannt nach dem Künstlerkreis um den großen französischen Romantiker Victor Hugo. Der Literat, Maler und Politiker verbrachte einige Zeit im Exil im luxemburgischen Vianden und steht momentan im Zentrum des künstlerischen Wirkens des Trios mit seinem ungewöhnlichen Repertoire. Nachdem man schon eine CD mit Liedern des 1821 in Trier geborenen und 1900 in Paris gestorbenen Komponisten Georges Schmitt (1821-1900) aufgenommen hatte, vertonen die drei „Grenzgänger“ mit verschiedenen Komponisten nun Gedichte von Victor Hugo, das wird auch das nächste CD-Projekt. Darüber hinaus ist ein Kurzfilm geplant, ein professionelles Gesamtkunstwerk, das Poesie und Musik in Bilder fasst, eine Hommage an Victor Hugos Exil im idyllischen Vianden. Das sei auch heute noch sehr aktuell angesichts von Flüchtlingsthematik und politischer Krisen, sagt Czesla, die sich selbst als politischen Menschen sieht. Hugos Einsatz für den Frieden und das Auseinanderdriften Europas treiben sie an. Neben Musik, Musik, Musik bleibt ihr nicht viel Zeit und Energie für andere Hobbys, so sagt sie, habe sie keine. Gerne wird in der „Urlaubsgegend Trier“ gewandert, das ist ihr Abwechslung genug, daneben noch „Home, sweet Home“ im Trierer Süden. Ihre Tante hatte einst als Vorbild gegolten, die war nämlich Opernsängerin, und als die vierjährige Evelyn sie auf der Bühne der Wiener Kammeroper gesehen hatte, war es um sie geschehen. Eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur Geigenbauerin (!) zog die 1965 geborene junge Dame nach dem Abitur aber auch noch durch, kein klassischer Werdegang, aber: Musik, Musik.

Zudem sorgt sie heute dafür, dass auch andere Menschen in den Genuss großer Kunst kommen: Zusammen mit einem Luxemburger Fuhrunternehmen und der dortigen Philharmonie kümmert sie sich um den regelmäßigen Bus-Shuttle von Trier für bis zu 120 Besucher zu den Konzerten. Ihr Engagement geht weit, sehr weit, als an einem Winterabend kein Bus bestellt war, chauffierte Czesla die dennoch zur Abfahrtsstelle bei St. Mattheis gekommenen Philharmonie-Besucher eigenhändig durch den Schneesturm auf den Kirchberg. Dass sie dabei das Auto der Fahrgäste leicht ramponierte, konnte ihr dann niemand mehr übelnehmen. Dirk Tenbrock

Konzert: Evelyn Czeslas nächster Auftritt mit dem Trio „Cénacle“ und Musik rund um Victor Hugo ist am Sonntag, 24. März, im Schloss Vianden.
Karten gibt es zu 20 Euro (ermäßigt 10 Euro) unter Telefon 00352/834108-1 oder per E-Mail: caisse@castle-vianden.lu

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