Justiz Streit um rechte Kontakte

Koblenz · Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof verhandelt über den Ausschluss des Konzer Politikers Jens Ahnemülller aus der AfD-Fraktion. Das Urteil wird im Februar erwartet.

   Der rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Jens Ahnemüller (links) am Dienstag im Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofs von Rheinland-Pfalz neben Anwalt Dubravko Mandic; linke Bildhälfte ganz hinten:  Uwe Junge, AFD-Landesvorsitzender von Rheinland-Pfalz, neben ihm sein Anwalt Matthias Brauer.   

Der rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Jens Ahnemüller (links) am Dienstag im Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofs von Rheinland-Pfalz neben Anwalt Dubravko Mandic; linke Bildhälfte ganz hinten:  Uwe Junge, AFD-Landesvorsitzender von Rheinland-Pfalz, neben ihm sein Anwalt Matthias Brauer.  

Foto: dpa/Thomas Frey

Als Uwe Junge zu seinem Platz im Saal des Verfassungsgerichtshofs in Koblenz geht, würdigt er den rechts von ihm sitzenden Jens Ahnemüller keines Blicks. Später sagt der Partei- und Fraktionschef der rheinland-pfälzischen AfD, dass er und Ahnemüller immer ein gutes Verhältnis gehabt hätten. Doch spätestens seit dem 18. September ist das Band zwischen Junge und dem 57-jährigen Konzer, der seit 2016 für die AfD im Landtag sitzt, zerschnitten. An diesem Tag beschloss die AfD-Fraktion mehrheitlich, Ahnemüller auszuschließen – weil der gelernte KFZ-Mechaniker Kontakte in die rechtsextreme Szene gehabt haben soll. Konkret geht es um den ehemaligen rheinland-pfälzischen NPD-Vize Sascha Wagner und die als rechtsextrem geltende Identitäre Bewegung. Mitglieder dieser Gruppierung sollen bei einer von Ahnemüller organisierte Demo im Sommer in Hermeskeil dabei gewesen sein.  Ahnemüller wehrt sich gegen den Ausschluss und hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Gestern ist darüber in Koblenz verhandelt worden. Ausgerechnet der Trierer NPD-Chef Safet Babic sitzt als Zuschauer im Gerichtssaal hinter Ahnemüller. Beide wechseln jedoch kein Wort miteinander.

Die Partei gehe rigoros gegen alle vor, die sich nicht an die Statuten der Partei hielten, sagt Junge am Rande der Verhandlung. „Wir dulden keine Kontakte zur NPD.“ Das sei in der Partei und in der Fraktion auch immer wieder thematisiert worden – und Ahnemüller habe das gewusst.

Es ist juristisches Neuland, das der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof mit dem Prozess betritt. Es sei das erste Mal, dass man sich mit einem Fraktionsausschluss beschäftige, sagt Gerichtspräsident Lars Brocker zu Beginn.

Ahnemüller bestreitet, bewusst Kontakt mit Wagner gehabt zu haben. Dass dieser zu einer WhatsApp-Gruppe gehört habe, bei der er auch Mitglied gewesen sei, habe er nicht gewusst. Er habe Wagner nur einmal persönlich getroffen, als dieser ihn auf einer Veranstaltung angesprochen habe, sagt Ahnemüller nach der rund 90-minütigen Verhandlung. Auch dass die Ordner seiner Demo Mitglieder der Identitären Bewegung gewesen seien, habe er nicht gewusst. Schließlich hätten sie blaue AfD-T-Shirts getragen und nicht solche in den Farben der Bewegung, schwarz-gelb.

 Der Konzer AfD-Politiker Jens Ahnemüller (links) mit seinem Anwalt Dubravko Mandic. Als Zuschauer im Gerichtssaal dabei ist auch der Trierer NPD-Vorsitzende Safet Babic (Zweiter von rechts).

Der Konzer AfD-Politiker Jens Ahnemüller (links) mit seinem Anwalt Dubravko Mandic. Als Zuschauer im Gerichtssaal dabei ist auch der Trierer NPD-Vorsitzende Safet Babic (Zweiter von rechts).

Foto: TV/Bernd Wientjes

Interessant ist, dass Ahnemüllers Anwalt Dubravko Mandic, selbst AfD-Politiker mit angeblichen Kontakten in die rechtsradikale Szene, seit längerem fordert, dass die Partei enger mit der Identitären Bewegung zusammenarbeiten solle. Mandic macht während der Verhandlung aus seiner politischen Einstellung kein Hehl, spricht von „wir Rechten“ und von „unserer Partei“. Nach der Sitzung nennt er den Thüringer AfD-Landeschef und  Gründer des rechtsnationalen  Flügels der Partei, Björn Höcke,  einen der besten Politiker Deutschlands.

Vor Gericht argumentiert der Anwalt, dass auch andere Mitglieder der AfD-Fraktion Kontakte in die rechte Szene hätten. Unter anderen nennt er Fraktionschef Junge, der im September an einer gegen Ausländer gerichteten Demonstration in Chemnitz teilgenommen habe und dabei an der Seite von führenden Mitgliedern der fremdenfeindlichen Pegida marschiert sei. Junge sei es bei dem Ausschluss Ahnemüllers auch gar nicht darum gegangen. Vielmehr wollte er damit sein „System“, sich mit loyalen, hörigen Parteimitgliedern zu umgeben, stützen. Ahnemüller gilt als Kritiker Junges.

Der Fraktionsausschluss sei willkürlich erfolgt und habe einzig und allein dem Machterhalt Junges gedient, sagt Mandic. Nur weil Ahnemüller dadurch nicht mehr an der neuerlichen Wahl des Fraktionschefs teilnehmen durfte, habe sich Junge im Amt halten können. Bei der Wahl hatte der bei zwölf Anwesenden sechs Ja-Stimmen erhalten.

     Jens Ahnemüller und Safet Babic.

Jens Ahnemüller und Safet Babic.

Foto: TV/Bernd Wientjes

Junge und sein Anwalt Matthias Brauer widersprechen diesen Vorwürfen. Es gebe kein „System Junge“, wie Mandic meine, so der Fraktionschef. Für den Ausschluss gebe es wichtige und beweisbare Gründe, eben die Kontakte zu Rechtsextremen. Das Vertrauensverhältnis zu Ahnemüller sei nachhaltig gestört, sagt Brauer.  Eine Rückkehr des Chefs der AfD Trier-Saarburg in die Fraktion könne es nicht geben. Das käme einer Zwangsehe gleich.

Laut Mandic ist damit Ahnemüllers Recht als gewählter Parlamentarier verletzt. Als fraktionsloser Abgeordneter könne er sich nur noch beschränkt für die Belange seiner Wähler einsetzen.

In einem Eilverfahren hatte das rheinland-pfälzische Verfassungsgericht im vergangenen November bereits entschieden, dass Ahnemüller trotz seines Ausschlusses weiter die wichtigsten Rechte eines Abgeordneten habe. Die Richter gaben damals zu erkennen, dass die weitere Beteiligung des Konzers an der Arbeit der AfD-Fraktion ein „erheblicher Eingriff“ in deren Belange sei. Gerichtspräsident Broker sagt zu Beginn der gestrigen Sitzung, dass es sich bei dem Ausschluss womöglich um eine politische Entscheidung handele. Andere Verfassungsgerichte hätten bereits geurteilt, dass eine Zerstörung des Vertrauens und eine Beschädigung des öffentlichen Ansehens von Fraktionen Gründe für Ausschlüsse von einzelnen Mitgliedern sein könnten, sagt Broker. Beobeachter werten dies als Fingerzeig, in welche Richtung das Urteil, das bis Ende Februar schriftlich mitgeteilt werden soll, gehen könnte.

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