Allein zu zweit

TRIER. Die meisten Kinder wachsen nach einer Trennung zwar bei der Mutter auf, doch die Zahl der allein erziehenden Väter steigt. Thomas Becker (Name geändert) ist einer der 26 000 Männer in Rheinland-Pfalz, die den Alltag mit Kind alleine meistern. Der TV stellt ihn im letzten Teil der Serie über Väter vor.

21 Prozent der Familien mit Kindern waren im Jahr 2002 Ein-Eltern-Familien. Die Zahl der allein erziehenden Väter hat sich laut Statistischem Landesamt in den letzten 22 Jahren verdoppelt: 2002 kümmerten sich 26 000 Männer um ihre Kinder. Bei 111 000 Frauen in dieser Situation ist allerdings klar, dass Erziehung immer noch überwiegend Sache der Mütter ist. Anders bei Thomas Becker. Seit drei Jahren kümmert er sich um seinen Sohn. Als Florian geboren wurde, stand für den damaligen Studenten und seine Partnerin fest: Die Mutter gehört zum Kind, der Vater hält die Familie mit einem lukrativen Nebenjob im erlernten Beruf über Wasser und bastelt an seiner Uni-Karriere. Die Liebe seiner Partnerin zu einem anderen Mann brachte das Konzept nach drei Jahren ins Wanken. Nach einem Jahr Hoffnung, dass sich die Liebe wieder einstellt, setzt Thomas Becker einen Schlussstrich unter die Beziehung. Das Familienidyll war zerstört. "Wenn ich schon die Partnerin verliere, dann nicht auch noch das Kind", dachte Thomas. "Fast gluckenhaft habe ich mich an das Kind geklammert", erinnert sich der 34-Jährige. Das kam dem enormen Freiheitsdrang der Mutter sehr entgegen. Die Entscheidung: Florian lebt fortan beim Vater, und die Wochenenden verbringt er bei der Mutter. Während der Woche büffelt Thomas an der Uni und verdient die notwendigen Brötchen, während Florian im Kindergarten betreut wird. Die Kindergartenzeiten bestimmen den Tagesablauf von Vater und Sohn. Mittags kochen und essen die beiden zusammen. "Es gibt kaum Tiefkühlkost", betont der engagierte Papa. Nach Kindergartenschluss werden alltägliche Dinge erledigt, oder die beiden spielen gemeinsam. Thomas verbringt viel Zeit auf Spielplätzen. Gespräche über Ernährung oder Spielsachen von Vater zu Mutter sind an der Tagesordnung. Um seinem Sohn Kontakte zu Gleichaltrigen zu ermöglichen, nimmt Thomas Einladungen zu Grillfesten und zum Kaffeeklatsch an. "Die Ehemänner waren meist sehr reserviert. Ich hatte das Gefühl, die denken, ich habe es auf ihre Frauen abgesehen", erzählt der allein Erziehende. Gut organisiert schafft Thomas den Spagat zwischen Studium und Ein-Eltern-Familienleben - auch dank seiner Familie, die ihm finanziell unter die Arme greift und ihn auch emotional stärkt. "Das Erziehen meines Sohnes hat mich selbstbewusst gemacht, mir sehr viel Kraft gegeben und die Beziehung zu Florian gestärkt", resümiert Thomas. "Es ist wunderbar, die Entwicklung eines Menschen begleiten zu können." Väter erzögen im Gegensatz zu Frauen eher rational, meint er und betont: "Was nicht heißt, dass ich nicht sehr gefühlvoll bin." Florian hat viel Vertrauen zu seinem Vater. "Gestern hat er mir seinen ersten Liebesbrief gezeigt - ein Blatt mit unzähligen Herzchen", schmunzelt der stolze Papa. Mit dem bevorstehenden Schuleintritt wird sich einiges ändern. Florian wird vier Tage bei seiner Mutter und drei bei seinem Vater wohnen. Thomas hat erlebt, dass der Alltag alleine mit Kind manchmal stressig ist. Doch er ist sicher, dass die Liebe zu seinem Sohn ihn beflügelt, jede Hürde zu meistern.

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