Die alte Gutsherrenart

Dass sich diejenigen Staaten, die sich nicht der "Koalition der Willigen" angeschlossen hatten, den amerikanisch-britischen Alleingang im Irak aufs Äußerste kritisieren und auch nach Beginn der Angriffe nicht müde wurden, dies zu betonen, hat George W. Bush nur beiläufig kommentiert.

Schon im Vorfeld des Krieges hat der US-Präsident allerdings schon festgelegt, dass sein Land die Hauptrolle für die Zeit danach spielen wird. Dass er Schulen bauen, in Krankenhäuser und Infrastruktur investieren will, wurde lobend zur Kenntnis genommen. Dass die einzig verbliebene "Weltpolizei" aber nicht nur den Angriff, sondern auch den kompletten Wiederaufbau alleine organisieren will, brüskiert die Weltgemeinschaft - zurecht. Denn mit dem Motto "Wir zerstören und ihr zahlt das, was von uns wieder aufgebaut wird" stellt sich Bush nach alt bekannter Gutsherrenart vor die übrigen Nationen, getreu der Devise: "Das habt ihr davon, dass ihr unsere Pläne nicht unterstützt habt." Die Vereinten Nationen, von Bush links liegen gelassen, werden, wenn es nach dem US-Präsident geht, ihr weltpolitisches Gewicht nie mehr erreichen, werden bei der wichtigen Frage, was denn aus dem Irak werden soll, wenn Saddam Hussein abgelöst ist, noch nicht einmal Berater sein dürfen, geschweige denn Entscheider. Gerade die Europäer, die sich, im Nachhinein betrachtet, den Neubeginn auf dem Balkan auf ihre Fahnen schreiben können, müssen wieder zu einer Linie finden, müssen Bush die Stirn bieten. Denn ansonsten müssen sie auch in Zukunft "draußen bleiben", der Texaner weiter solistisch sein Zepter schwingen. Aber man muss schnell intervenieren, denn Bush hat den großen "Wiederaufbau-Kuchen" schon verteilt. Gerade jene US-Firmen erhielten die größten Aufträge versprochen, die den Präsidentschaftswahlkampf am stärksten finanziert hatten. Dazu zählt auch jene Ölgesellschaft, deren Präsident bis zur Wahl just Dick Cheney war - heute Vize von Bush. Und jene Unternehmen profitieren davon, dass Staaten, die den Krieg nicht wollten, nach dessen Ende dafür teuer bezahlen müssen. "No taxation without representation" (Keine Steuer ohne Repräsentierung) war schon das Motto des Arbeiteraufstands von Boston im 18. Jahrhundert. Daran sollte Bush vom Rest der Welt erinnert werden. Wer zahlt, darf auch mitbestimmen. b.pazen@volksfreund.de

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