Ex-Schwesternschülerin verurteilt

Bitburg/Trier · Wegen fahrlässiger Tötung hat das Amtsgericht Bitburg am Montag eine 19-jährige ehemalige Schwesternschülerin aus der Eifel verwarnt und sie mit einer Geldstrafe von 800 Euro belegt. Sie soll für den Tod einer 91-jährigen Patientin im Trierer Mutterhaus verantwortlich sein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bitburg/Trier. Die Station für allgemeine Chirurgie im Mutterhaus Trier ist für jeden frei zugänglich. Im Grunde genommen hätte damit jeder am 26. Februar 2010 den entscheidenden Handgriff tätigen können, der offenbar zum Tod einer frisch operierten, schwerkranken 91-jährigen Frau geführt hat. Ein sogenannter Aquapak, der an ein Sauerstoffgerät angeschlossen wird, um den einfließenden Sauerstoff zu befeuchten, wurde falsch herum an der Wandapparatur befestigt. Daraufhin floss nicht Sauerstoff sondern Wasser in die Atemwege der Patientin. Sie starb.
Niemand hat gesehen, wem dieser Fehler unterlaufen ist. Doch es ist eine inzwischen 19-jährige ehemalige Schwesternschülerin aus dem Eifelkreis, die sich am Montag wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung vor dem Bitburger Amtsgericht verantworten muss. Sie selbst bestreitet ihre Schuld an dem Tod der Patientin. Objektive Beweise gibt es nicht. Der Aquapak, den die 19-Jährige nach ihrer Aussage nicht angefasst hat, wurde von der Klinik entsorgt.
Nur eine Woche nach dem Vorfall wurde der Schülerin seitens des Mutterhauses nahegelegt, das Ausbildungsverhältnis zu beenden. Wurde damals das schwächste Glied zum Sündenbock für den Vorfall gemacht? "Dadurch, dass sie die einzige Schülerin auf der Station war, war die Wahrscheinlichkeit am größten, dass sie es war", sagt eine Krankenschwester, die an dem besagten Tag Dienst hatte.
Während Verteidiger Paul Hemmes von "Mutmaßungen" spricht, sind es für Staatsanwältin Susanne de Renet Indizien, die für die Schuld der Angeklagten sprechen.
Eine Krankenschwester sagt am Montag aus, dass die damals 18-Jährige nach dem Vorfall völlig aufgelöst gewesen sei. "Sie hat mir gesagt: Was ist, wenn ich die Frau umgebracht habe, wenn ich das war?" Die Angeklagte schüttelt bei diesen Worten den Kopf.
Fest steht, dass sie die Letzte war, die in dem Zimmer der 91-Jährigen war und deren schlechten Zustand bemerkte. Bei den eingeleiteten Notfallmaßnahmen wurde dann festgestellt, dass der Aquapak falsch installiert und etwa ein Viertel des Wassers in die Atemwege der 91-Jährigen gelangt war. Die Schichtleiterin, die das Gerät keine halbe Stunde zuvor eingesteckt hatte, betont, dass sie es richtig angeschlossen habe. Für ihre Version spricht, dass der Aquapak, sollte er zu diesem Zeitpunkt schon falsch installiert worden sein, wohl eine halbe Stunde später komplett leergelaufen wäre. Dass er aber überhaupt verkehrt herum angeschlossen werden kann, nennt Jugendrichter Udo May eine "skandalträchtige Technik".
Als ebenso "skandalös" bezeichnet er die Tatsache, dass es, wie mehrere Zeuginnen erklären, aufgrund der veralteten Anschlüsse an den Wandapparaturen in den Krankenzimmern öfter vorkam, dass sich die Geräte von selbst aus der Wand lösten. Gerade so, wie es laut Staatsanwältin Susanne de Renet auch am 26. Februar 2010 geschah: Die Angeklagte habe das Gerät dar-aufhin versehentlich falsch herum wieder eingesteckt. "Sie hat es bestimmt gut gemeint", hält die Staatsanwältin der 19-Jährigen zugute und beantragt eine Verwarnung und eine Geldstrafe für die 19-Jährige. Verteidiger Hemmes fordert mangels objektiver Beweise einen Freispruch. Jugendrichter May dagegen spricht von einer "lückenlosen, nachvollziehbaren Indizienkette". Er verwarnt die 19-Jährige wegen fahrlässiger Tötung und belegt sie mit einer Geldstrafe von 800 Euro. Einen Seitenhieb in Richtung Mutterhaus kann sich May zuletzt nicht verkneifen: Es sei höchst unerfreulich, wie man die junge Dame "praktisch vor die Tür gesetzt" habe.

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