Kanzler kämpft weiter

BERLIN. Auf wen kann SPD-Chef und Kanzler Gerhard Schröder in diesen Zeiten bauen? Seine Getreuen in der Parteiführung und am Kabinettstisch stehen schon einmal fest zum heftig umstrittenen Reformkurs.

Wer steht zum Kanzler? Franz Münterfering hatte einen Tag nachder ersten Regionalkonferenz zur "Agenda 2010", die Antwort: "Aufdie Grünen ist offensichtlich Verlass", meinte derSPD-Fraktions-Chef ein wenig launisch. Dabei lief es für denKanzler am Dienstag in Bonn gar nicht so schlecht vorSozialdemokraten aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz undNordrhein-Westfalen. Müntefering bleibt eben der provokante Mahner, der den Druck aufrechterhalten will. Er weiß, für den Reformator Gerhard Schröder ist die Messe noch lange nicht gelesen, auch wenn er nach seinen Reden viel Applaus erhielt. Und das, obwohl der SPD-Vorsitzende keine Zugeständnisse an seine linken Kritiker machte. Ausgerechnet vom kleinen Koalitionspartner, der schon öfter der Regierung das Leben schwer gemacht hat, sollen sich die Genossen laut "Münte" diesmal eine Scheibe abschneiden. Die Alternativen stehen nämlich - abgesehen von den beiden Abgeordneten Christian Ströbele und Winfried Hermann - wie ein Mann hinter dem Kanzler. Und Schröder will nicht auf die Gnade der Opposition à la FDP zurückgreifen, sondern eine eigene Mehrheit, wenn die Reformen zur Abstimmung im Parlament stehen. "Es liegt an uns Sozialdemokraten, dass wir das hinbekommen", so Müntefering.

Damit es zu einem Votum über "2010" im Bundestag kommt, braucht der Kanzler jedoch grünes Licht des Sonderparteitages am 1. Juni. Die Zuversicht in der SPD-Spitze ist seit Dienstagabend gewachsen, dass Schröders Reformkurs bei der Basis eine breite Unterstützung finden wird. Vor Beginn der Konferenz, schätzt Generalsekretär Olaf Scholz, hätten sich im Saal zwei Drittel an Befürwortern befunden. "Als Optimist glaube ich, hinterher waren es mehr als Dreiviertel", rechnet der General hoch.

Allerdings: Auch der Saarländer Ottmar Schreiner, einer der Initiatoren des Mitgliederbegehrens, hatte einen viel bejubelten Auftritt. "Natürlich gibt es eine Haltung in der Partei, die Ottmar Schreiner perfekt vertritt", kommentiert Scholz den Erfolg. Die Kräfteverhältnisse in der Partei sind für den Chef des Willy-Brandt-Hauses allerdings seit Bonn deutlicher geworden. Drei Konferenzen folgen aber noch.

Die Partei beginne sich "endlich zusammenzuraufen", glaubt der SPD-Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau. Dagegen kritisiert Juso-Chef Niels Annen, dass der Kanzler Sachfragen mit der Vertrauensfrage verknüpfe und die SPD dadurch erpresse. Gerhard Schröder muss also weiter kämpfen - und überzeugen.

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