Künftig kostet telefonieren im Ausland nicht mehr als zu Hause

Brüssel · Die Roaming-Gebühren in der Europäischen Union fallen weg – das ist ein Meilenstein im europäischen Einigungsprozess. Doch einige Anbieter haben sich schon sogenannte "Deutschlandtarife" ausgedacht.

Es war ein langer, zäher Kampf. Es gab Rückschläge, zwischenzeitlich drohte eine Mogelpackung, doch nun ist es geschafft: Ab 15. Juni fallen in der EU die Auslandsaufschläge für Mobilfunkanrufe, SMS und das Checken von Mails auf dem Smartphone weg.

Jedes Gespräch, jede SMS und jeder Download wird dann auf Reisen im EU-Ausland genauso und ohne Aufpreis abgerechnet wie im Inland. Die Roaming-Gebühren - also die Entgelte, die der Anbieter dem ausländischen Betreiber für die Benutzung von dessen Netzwerk zahlt - werden weitestgehend abgeschafft. Dies ist ein Triumph der EU. Ihr ist es gelungen, sich im Interesse der Bürger gegen die finanziellen Interessen von milliardenschweren Mobilfunkkonzernen durchzusetzen. Profitieren werden davon 500 Millionen Verbraucher, die in der Vergangenheit für die mobile Kommunikation bei Trips ins EU-Ausland kräftig zur Kasse gebeten wurden oder aus Sorge vor saftigen Aufschlägen mobil nur sehr eingeschränkt erreichbar waren.

Die Brüsseler Behörde hatte vor zehn Jahren das Verbraucher-Ärgernis Roaming-Gebühren identifiziert und ist dagegen angegangen. Sie hat sich nicht davor gescheut, zu einem Instrument zu greifen, das in der Marktwirtschaft eigentlich verpönt ist, nämlich massiv in die Preisgestaltung der Anbieter einzugreifen und Preis-Obergrenzen festzulegen.

Die Erfolge können sich sehen lassen. Zwischen 2007 und 2016 hat die EU Senkungen der Endkundenpreise für Anrufe um 92 Prozent durchgesetzt, eine SMS kostete 2007 bis zu 24 Cent (plus Steuern), 2016 durfte sie nur noch 0,0114 Cent kosten. Zwischen 2008 und 2015 ist der Roaming-Datenverkehr um mehr als das Hundertfache gestiegen. 2009 lagen die Roaming-Gebühren noch bei maximal 1 Euro je Megabyte, 2016 durfte dafür im Großkundengeschäft nur noch 0,05 Cent berechnet werden.

Bisher berechnet der Mobilfunkanbieter bei Reisen ins EU-Ausland für Handygespräche, SMS oder Datendienste höhere Tarife als zu Hause. Damit ist am 15. Juni Schluss. Generell gilt: Die gesamte Kommunikation per Handy im Ausland, also Anrufe, SMS und Datendienste, wird vom Anbieter genauso abgerechnet wie im Inland. Die Minuten, die SMS und Gigabytes werden nach dem nationalen Tarif berechnet oder bei Prepaid-Karten von dem nationalen Guthaben abgezogen. Ganz so, als ob der Kunde gar nicht ins EU-Ausland gereist wäre. Wer auf Reisen auf seinem deutschen Handy angerufen wird, zahlt dann künftig wie zu Hause nichts. Dies gilt bei Reisen in alle 28 EU-Mitgliedstaaten, also bis März 2019 auch noch in Großbritannien. Wenn der Vertrag im Inland unbegrenztes Telefonieren und Simsen vorsieht, so wird das beim Verreisen ins EU-Ausland auch so sein.

Aber Achtung: Die Preise für Anrufe aus Deutschland etwa bei der Freundin, die in Spanien lebt und dort einen spanischen Mobilfunkvertrag abgeschlossen hat, sinken nicht. Daran ändert sich gar nichts.Info

Vorsicht bei "Deutschlandtarifen"

Der Verbraucherzentrale Bundesverband macht auf einen Stolperstein aufmerksam: Zahlreiche Anbieter haben sich als Reaktion auf die EU-weite Neuregelung sogenannte Deutschlandtarife ausgedacht. Diese lassen technisch keine Anrufe im Ausland mehr zu.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort