Mehr Polizisten statt Kameras

TRIER. Nach dem Fund des Bombenkoffers auf dem Dresdner Hauptbahnhof wird wieder verstärkt über die Video-Überwachung auf Bahnhöfen und in Städten diskutiert. Über dieses Thema sprachen wir mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GDP), Konrad Freiberg.

Wie sicher sind die deutschen Bahnhöfe? Freiberg: Bahnhöfe kann man anders als Flughäfen nur begrenzt überwachen: Sie sind frei zugänglich, es halten sich viele Menschen dort auf. Flughäfen sind eher geschlossene Systeme. Kann Video-Überwachung für zusätzliche Sicherheit sorgen, wenn, wie die Bahn sagt, auf den Bahnhöfen gar nicht regelmäßig aufgezeichnet wird? Freiberg: Es sollte nicht so getan werden, als könnte durch Video-Überwachung Kriminalität verhindert werden. In Einzelfällen aber können Täter durch Video-Aufnahmen überführt werden. Deshalb bin ich dafür, angesichts der Terror-Drohung Bahnhöfe zu überwachen, und zwar durch den Staat in Form des Bundesgrenzschutzes und unter strikter Beachtung des Datenschutzes. Hat Datenschutz Vorrang vor dem Sicherheitsbedürfnis? Freiberg: Ja. Aber aus Dresden sollten wir lernen. Der Schutz vor Terror geht vor, der Datenschutz muss in einem solchen Fall zurücktreten. Daher muss es möglich sein, an Bahnhöfen für gewisse Fristen aufzuzeichnen. Wird den Bürgern da nicht eine Sicherheit vorgegaukelt? Freiberg: Nein. Wir fordern, dass hinter jeder Kamera ein Polizist sitzt. Denn wenn was passiert, muss Hilfe da sein. So wie die Überwachung derzeit läuft, ist sie also nicht effektiv? Freiberg: Exakt. Das hat man ja im Fall Dresden deutlich gesehen. Andererseits sollte man aber nicht so tun, als könne man durch eine Video-Überwachung Anschläge auf Bahnhöfen ausschließen. Was halten Sie von flächendeckender Video-Überwachung in Großstädten? Freiberg: Video-Überwachung kann an gewissen Kriminalitätsbrennpunkten sinnvoll sein. Doch flächendeckende Video-Überwachung würde den Menschen tatsächlich eine Sicherheit vorgaukeln, die es nicht gibt. Deshalb bin ich gegen Kameras an allen Ecken und Enden. Außerdem: Es gibt wenige echte Brennpunkte. Man sollte nicht so tun, als ob jeder zweite Platz gefährlich sei. Besteht nicht die Gefahr, dass die Kriminalität von überwachten Plätzen verdrängt wird und sich an andere Stellen verlagert? Freiberg: Natürlich. Aber es kann doch auch ein Wert sein, dass sich Menschen an bestimmten Plätzen wieder sicherer fühlen. Wo soll denn das Personal herkommen, das hinter den Kameras steht? Freiberg: Natürlich wäre das sehr personalintensiv. Das bedeutet: Wir müssen neue Prioritäten setzen und Arbeit liegen lassen. Oder aber wir brauchen mehr Personal. Alle Politiker reden über die Gefahr von Terroranschlägen. Gleichzeitig kündigen Minister an, Tausende von Polizistenstellen abzubauen. Das macht mich wütend. Wir bekommen ständig neue Aufgaben hinzu, Tausende von Polizisten sind damit beschäftigt, Objekte zu beschützen. Das geht zu Lasten der allgemeinen Sicherheitslage und der Polizeipräsenz auf der Straße. Was muss außer Video-Überwachung noch getan werden, um die Sicherheit zu erhöhen? Freiberg: Ganz klar: Die Polizei muss mehr Präsenz zeigen. Wir brauchen mehr uniformierte Polizisten auf Bahnhöfen und in Städten. Das führt bei Bürgern am ehesten zum Gefühl subjektiver Sicherheit. Das Gespräch führte unser Redakteur Bernd Wientjes.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort