Feuer unter dem Hintern!

"Gib ihm Zunder!" oder "Das hat gebrannt wie Zunder". Jeder kennt diese Sprüche. Doch was bedeutet eigentlich "Zunder"?

 Um ein Lagerfeuer zum Lodern zu bringen, braucht man viel Zunderholz. Foto: dpa

Um ein Lagerfeuer zum Lodern zu bringen, braucht man viel Zunderholz. Foto: dpa

Bitburg. Die Wissenschaft bezeichnet mit dem Begriff "Zunder" ein sehr leicht brennbares Material, welches zum Feueranzünden verwendet werden kann. Das Wort ist sicherlich ableitbar von "zünden". Im Wörterbuch der Gebrüder Grimm heißt es, Zunder sei "eine lockere, pulverige Masse aus pflanzlichen Stoffen, welche durch den am Stein geschlagenen Funken zum Glimmen gebracht wird." Zunder aus Zunderschwamm wurde auch bei der berühmten Eismumie, dem "Ötzi", gefunden.

Unsere Urgroßeltern wussten noch Zunder zu gewinnen. Ihr Wissen und Können war wichtig, denn Streichhölzer oder Feuerzeuge kannten sie noch nicht. Diese kamen erst nach 1840 in Gebrauch. So zogen unsere Ahnen also in die Wälder, um dort den Zunderschwamm zu ernten.

Urkunden berichten, dass die Eifelwälder früher reiche Ausbeute an dem begehrten Zunderschwamm boten. Dies ist ein Baumpilz, grau und hübsch anzusehen, der oft eine beachtliche Größe erreichen kann. Er wächst das ganze Jahr über an Buchen oder Birken und kann mehrere Jahre alt werden. Die Forstleute mögen ihn nicht, da er Weißfäule erzeugt und dem Holz große Schäden zufügen kann. Er befällt als Parasit alte und kranke Bäume, kann aber auf umgestürzten und abgestorbenen Bäumen noch jahrelang weiterwachsen.

Aber unter der sehr harten, glanzlosen Rinde befindet sich eine weiche, trockene Schicht, Werg genannt. Und auf die hatten es unsere Vorfahren abgesehen. Sie schnitten sie aus dem harten Wulst heraus und nahmen sie zur weiteren Bearbeitung mit nach Hause. Fleißige Sammler konnten so bis zu einem halben Zentner ernten.

Bis zu seiner Verarbeitung wurde der Pilz an feuchten Orten aufbewahrt. Der Rohschwamm wurde dann in Kesseln mit Asche, Urin oder Salpeter gekocht, um ihn später noch leichter entzünden zu können. Danach wurde die Masse mit Messern in etwa drei Zentimeter dicke Streifen geschnitten und getrocknet und anschließend mit Holzhämmern breit und weich geklopft und mit den Händen durch Walken und Zupfen geknetet und mürbe gerieben.

Dann endlich war die sogenannte "Lunte" fertig, eine rehbraune filzartige Masse, die für jeden Haushalt unentbehrlich war.

Aber damit allein konnte niemand Feuer entfachen. Dazu benötigte man noch Feuerstein und Feuerstahl. Wurden diese aneinandergeschlagen, entstanden Funken, die auf die Lunte fielen. Diese begann dann sofort zu glimmen. Kräftig hinein geblasen, und schon züngelte Feuer, an dem dann Holz entzündet werden konnte.

Den Feuerstein gebrauchten die Menschen schon seit Jahrtausenden. In prähistorischen Fundstellen ist er überall nachweisbar. Aufbewahrt wurden diese wertvollen Materialien in einer speziellen Zunderbüchse oder in einem entsprechenden Kästchen.

Mancher verdiente sich mit dem Verkauf von Zunder noch ein Zubrot. Ein Zentner kostete um 1850 rund zehn Taler. Der Baumpilz brachte regelrechte Berufszweige hervor wie "Schwammmänner" oder "Zundelmacher". Nach der Erfindung der Zündhölzer verschwanden diese Erwerbszweige aber sehr schnell. Nur in wenigen Altertumssammlungen oder auf historischen Jahrmärkten ist heute noch das Feuerbesteck mit Stahl, Stein und Schwamm als Sehenswürdigkeit anzutreffen.

Im sprichwörtlichen, umgangssprachlichen Sinn hat sich das Wort Zunder bis in unsere Tage erhalten. "Jemandem Zunder geben, Zunder bekommen" bedeutet: Jemandem kräftig zusetzen, ihm "Feuer unter dem Hintern machen" - dann sieht man, wie er munter wird und springt.

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