Schöner Abend - du auch!

PRÜM. Bei den bisher zwölf Prümer Neujahrsgesprächen standen Politik und Wirtschaft im Vordergrund. Diesmal war alles anders: Thomas C. Breuer lieferte einen kabarettistischen Themen-Rundumschlag voller Realsatire und sprachlicher Finesse.

"Ich bin auch nicht schlauer als sie", sagt Thomas C. Breuer zu Beginn im Ratssaal der Verbandsgemeinde Prüm. "Das macht mich sympathisch, enttäuscht aber ihre Erwartungen."Trotzdem traut er sich: "Nullvier - ein Blick voraus im Zorn" heißt das aktuelle Programm des Heidelberger Kabarettisten, und er wagt sich darin doch an einige Prognosen: zum Beispiel, wann Andre Rieu ("Hollands Rache für den deutschen Einmarsch") sein Osterkonzert spielen wird. Oder dass es in Deutschland weniger Laster geben wird - "weil die Maut kommt". Noch eine gute Nachricht: Naddel geht endlich im Heuhaufen verloren.Das Jahr des Affen

Die Vorschau funktioniert allerdings nicht ohne gelegentliche Rückgriffe auf das alte Jahr: So sei 2003 im chinesischen Kalender ein "Jahr des Schafes" gewesen, klärte Breuer seine vielen Zuhörer auf. "Trotzdem hat man von Rudolf Scharping kaum etwas gehört.""Nullvier" hingegen ist das Jahr des Affen. Da passt es bestens, dass Dieter Bohlen wohl sein drittes Buch auf den Markt rotzen wird. Obwohl der doch vor lauter Bücherverfassen kaum noch etwas erlebe, das sich aufzuschreiben lohnt Überhaupt, Bohlen: "Was ich immer so interessant finde: Der wohnt in Tötensen. Das ist aber leider kein Imperativ."So geht es zu in der Welt des Thomas C. Breuer - oder der TC-World, wie seine umfang- und aufschlussreiche Internetseite heißt. Der Kabarettist mit Eifel-Erfahrung - Breuer lebte während seiner Ausbildung in den 70ern in Trier und trat bereits damals in Prüm auf - hat das Publikum im rappelvollen Ratssaal schnell auf seiner Seite. Und das, obwohl seine sprachlichen Finessen manchmal erst mit Verzögerung zünden: "Bananenscherz", nennt er das. "Der reift erst beim Kunden."Genau hinhören und -schauen ist also geboten. Das macht auch Breuer selbst. Am schönsten wird es immer dann, wenn er die Komik der Wirklichkeit einfängt. Zum Beispiel den Käsehändler ("Ich hab‘ sie schon lang nicht mehr gesehen, waren sie im Gefängnis?"), der seinen depressiven Kunden zugleich die Psychotherapie ersetzt: "Ich schwätz‘ mit dene und hab‘ hinterher de Kääs weg!"Oder bei den Bahn-Durchsagen: "Sis is your train managerin speaking" - "In diesem Zug giltet das Schönes-Wochenende-Ticket nicht" - "Reisende mit Platzreservierung sind gebeten, auf ihrem Platz Platz zu nehmen."Armes Deutschland - und so negativ: "Einfache Segelboote heißen bei uns Windjammer." Dann lieber nach Italien. Obwohl es da Politiker gibt, die gern Germanen beschimpfen. Eindeutig unter der Gürtellinie - "oder, wie der Italiener sagt, auf der Po-Ebene".Breuers Rausschmeißer: ein Poem zum Thema krank sein in Deutschland ("Kein Gebiss ruht da im Glas - womit beiߑ ich jetzt ins Gras?") und der original Heidelberger Abschiedsgruß: "Schöner Abend! - Du auch!" Starker Applaus.Ein Erfolg auch für die Gastgeber, Verbandsgemeinde und Volkshochschule, passend zum Aufruf von Bürgermeister Aloysius Söhngen: Der mahnte die Bürger, sich von der Zukunft nicht überrollen zu lassen, sondern sich in alle Diskussionen einzumischen.

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