Stadtkyller Junge ist Kölner Prinz

Stadtkyll · In Köln ist es zur fünften Jahreszeit einer der begehrtesten Posten - und für einen Eifeler Luftkurort eine kleine Sensation: Der Kölner Karnevalsprinz für die Session 2013, Ralf III. (Görres), stammt aus Stadtkyll.

 Aus der Eifel ins Kölner Rampenlicht: Das Dreigestirn mit Prinz Ralf Görres (Mitte), Jungfrau Axel Busse (links) und Bauer Dirk Königs.TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Aus der Eifel ins Kölner Rampenlicht: Das Dreigestirn mit Prinz Ralf Görres (Mitte), Jungfrau Axel Busse (links) und Bauer Dirk Königs.TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Stadtkyll. "Ein Traum", sagt Ralf Görres. Seit gestern Nachmittag, 15 Uhr, ist nämlich offiziell, was sich in Monaten der Vorbereitung, der Zweifel, der Geheimhaltung und des Rätselratens ("Haben wir überhaupt eine Chance?") langsam abgezeichnet hat: Der Stadtkyller Junge ist in der kommenden Session Prinz Karneval in Köln, steht an der Spitze des Dreigestirns in der Domstadt und wird die Jecken durch die fünfte Jahreszeit führen - mit rund 400 Auftritten in sieben Wochen.
Ein Riesending für den 39-jährigen Görres (Prinz Ralf III.) und seine Freunde Dirk Königs, den designierten Kölschen Bauern, und "Jungfrau" Axel Busse. Umso mehr noch, wenn man sich vor Augen hält, dass der Karneval in der rheinischen Narrenhochburg jedes Jahr laut jüngsten Schätzungen rund 600 Millionen Euro umsetzt.

Ein Prinz mit Antrieb


Ralfs Eltern Anneliese und Peter - sie war jahrzehntelang bei den Stadtkyller Möhnen, er ist KFZ-Meister im Ruhestand - nahmen die Nachricht mit verständlicher Aufregung entgegen: Geschockt und stolz zugleich seien sie gewesen, erzählen die beiden. "Obwohl ich Ralf ja kenne", sagt sein Vater. "Ich habe Vertrauen, dass er das hinbekommt." So sieht es auch die Mutter: "Was der sich in den Kopf setzt, das bringt er auch zu Ende."
Diesen Ehrgeiz habe er schon als Triathlet und Marathonläufer gezeigt - und am Ende seiner Dienstzeit bei den Gebirgsjägern in Mittenwald habe er beschlossen, die gesamte Strecke von dort nach Stadtkyll mit dem Fahrrad hinter sich zu bringen: "Das waren 750 Kilometer."
Das Vertrauen in sich selbst hat der Sohn offenbar auch: Als kleiner Junge, erzählt Ralf Görres - wahrscheinlich nur halb im Scherz - habe er bereits gewusst, dass er "entweder Ken oder Prinz werden würde". Weil es aber langweilig gewesen wäre, "nur der Mann an Barbies Seite" zu sein, habe er dann beschlossen: "Ich werde Prinz."
Wollen - gut und schön. Nur ist das mit der Prinzwerdung in Köln keine einfache Angelegenheit: Einen begehrteren Posten gibt es unter den Domstadtjecken nicht, die Bewerber aus den Reihen der mehr als 100 Karnevalsgesellschaften müssen sich einer strengen Prüfung durch das Festkomitee unterziehen.

Besuch in der Heimat geplant


Aber Görres, Königs und Busse überzeugten - weil sie so viel Herz zeigten, wie Komiteepräsident Markus Ritterbach sagt. Gestern Nachmittag wurden die drei dann offiziell als neues "Trifolium" vorgestellt.
Sie gehören einer der kleineren Gesellschaften an, in der dafür aber ganze Familien und nicht nur Herren mitmachen dürfen: Der "Schnüsse Tring", benannt nach Katharina Mund (umgangssprachlich Schnüss), einem Ossendorfer Original. Frau Mund war tatsächlich nicht auf denselben gefallen: Sie arbeitete im 19. Jahrhundert als Dienstmagd, ließ sich aber von ihren Arbeitgebern nicht auf der Nase herumtanzen. In Köln erinnert daher auch ein Lied an die tapfere "Tring".
Die Mitglieder der "Schnüsse Tring" durften sich schon am Sonntagabend darüber freuen, dass sie erstmals in ihrer 111-jährigen Geschichte das Dreigestirn stellen: Bei einem kleinen Festabend wurden die drei den Mitjecken präsentiert. Ergebnis: Riesenjubel im Saal.
Wäre der 1972 in Prüm geborene Görres in seinem Heimatort geblieben, hätte das mit der Regentschaft natürlich nicht hinhauen können: Nach der Lehre bei der heimischen Raiffeisenbank zog es den jüngsten von drei Brüdern hinaus aus der Eifel.
Der inzwischen diplomierte Bankbetriebswirt ist seit 2010 Vertriebsleiter bei der Sparda-Bank in Köln und verantwortlich für alle Filialen in der Stadt. Und wie ist es nun, "einmal Prinz zu sein"? "Unglaublich", sagt Ralf Görres.
Bis zum Beginn seiner Regentschaft über die Stadt ist es aber noch ein bisschen hin: Am 4. Januar wird Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters bei der Proklamation im Gürzenich, dem Traditionssaal in der Altstadt, dem Kölner Prinzen aus der Eifel das Symbol seiner Herrschaft übergeben: die "Pritsch".
Und trotz der extremen Termindichte im kommenden Frühjahr: Die drei vom "Trifolium" haben sich vorgenommen, an einem Tag auch in die Heimat des Prinzen zu kommen.
Ob das klappt, steht noch nicht ganz fest. Aber sie wollen es unbedingt. Und wenn, dann kommen sie mit großem Besteck: Das Dreigestirn will nämlich mit seinem gesamten Gefolge in Stadtkyll anrücken.Extra

Prinz Ralf Görres ist verheiratet und hat mit seiner Frau Sandra, ebenfalls Bankkauffrau, einen dreieinhalbjährigen Sohn namens Samuel. Auch seine beiden Mitstreiter gehören großen Unternehmen an: Bauer Dirk Königs (44) aus Köln-Dellbrück - mit einer karnevalsverrückten Familie an seiner Seite - hat einen leitenden Posten in der Personalabteilung beim Privatsender RTL, Jungfrau Axel Busse (44) aus Monheim arbeitet in der Altersversorgung bei Bayer in Leverkusen. Man sieht: Ein Dreigestirn kann durchaus auch aus der Eifel oder von der "falschen" Rheinseite kommen: Da ist der Kölner tolerant. So wollen die drei auch die Session bestreiten: Niemand soll ausgeschlossen sein - egal, woher er komme und wie er aussehe. fpl

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