Verwundert über eilige Eifeler: Nicht mal eine Stunde Gottesdienst

BITBURG/SPEICHER. (kah) Zum Weltjugendtag eingeflogen: Sechs junge Männer aus einem christlichen Jugendzentrum in Burkina Faso und Bruder Herbert Schwarz sind zu Gast im Dekanat Bitburg. Mit Waffelbacken, Spenden und einem Sonnenblumenfeld in Röhl finanzierten ihre deutschen Freunde die Einladung.

 Ein Regenbogen über dem Hügel der Begegnung: junge Männer aus Burkina Faso zu Besuch bei ihren deutschen Freunden in Speicher.Foto: Katharina Hammermann

Ein Regenbogen über dem Hügel der Begegnung: junge Männer aus Burkina Faso zu Besuch bei ihren deutschen Freunden in Speicher.Foto: Katharina Hammermann

Das bunte "Bienvenu"-Schild an der Haustür des Frankenwegs 30 und afrikanische Musikinstrumente im Wohnzimmer hatten bereits vermuten lassen, dass in diesem Haus Gäste aus fernen Landen weilen. Bruder Herbert Schwarz von den Weißen Vätern und sechs junge Männer vom "Hügel der Begegnung Emmaüs" - einem Jugendzentrum unweit Dedougous in Burkina Faso - sind derzeit zu Gast in der Eifel. Bevor sie gemeinsam mit ihren Gastgebern zum Weltjugendtag nach Köln reisen, haben sie Zeit, die Eifel-Mosel-Region zu erkunden. In ihrer trockenen, hügeligen Heimat waren die jungen Afrikaner in den Jahren 2002 und 2005 bereits einigen Eifelern begegnet: Pastoralreferent Stefan Burr und zehn Jugendliche waren zu Besuch gekommen. "Wir durften das Leben dort kennen lernen", sagt Christine Geilen. Im Gegenzug wollten die jungen Deutschen es ihren afrikanischen Freunden ermöglichen, auch ihr Leben kennen zu lernen. Durch private Spenden, den Verkauf von Waffeln und den Erlös eines Sonnenblumenfelds in Röhl konnten sie genügend Geld zusammenbringen, um diesen Wunsch wahr werden zu lassen. "Egal ob hier oder in Afrika - jungen Leuten fehlt die Gelegenheit, Gott zu begegnen", sagt Schwarz. Er arbeitet seit Jahren als Missionar in Burkina Faso. 2000 rief er den "Hügel der Begegnung" ins Leben. Junge Männer im Alter zwischen 17 und 23 Jahren verbringen dort jeweils ein Jahr - ein Jahr für Gott. "Warum immer nur für das Militär?", fragt Schwarz. Die Jungen lernten dort, was sie mit ihren Händen und ihrem Geist tun können. Die zwölf jungen Männer, die derzeit im Zentrum leben, beten und singen viel. Ihre Hände beschäftigen sie mit dem Bauen von Häusern, dem Anbau von Ackerfrüchten und dem lieben Vieh: Soweit wie möglich versorgen sie sich selbst. Noch bis zum 24. August ist der Hügel der Begegnung nach Speicher verlegt. Pudelwohl fühlen sich die weit gereisten Gäste dort. In den drei benachbarten Häusern können sie ein- und ausgehen, als handele es sich um eine einzige große Familie. Die Eifeler Landschaft gefällt den jungen Männern sehr gut. "Die Natur ist hier nicht so schlecht behandelt worden wie bei uns", sagt Emmanuel Zerbo und Mossi gebe es hier auch nicht. Mossi sind die dominierende Ethnie des aus etwa 60 Völkern bestehenden Staates und scheinen für den Bobo (ebenfalls eine Völkergruppe) Zerbo so etwas ähnliches zu sein wie dem Rheinland-Pfälzer der Saarländer. Manche Dinge kommen den Besuchern allerdings spanisch vor. Dass Männer sich als Frauen verkleiden, zum Beispiel - ein Karnevalspräsident hatte sie zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen. Noch weitaus erstaunlicher fanden sie jedoch, wie wenig die Europäer ihre Kirchen zu schätzen scheinen. "Hier gibt es in den Kirchen Dinge, von denen man bei uns nur berichtet", sagt der 24-jährige Félix Coulibaly - und trotzdem geht keiner hin. Auch, dass am Gottesdienst kaum Jugendliche teilnehmen, erstaunt ihn. Ohnehin war die Messe in Speicher für Coulibaly viel zu kurz. "Nicht mal eine Stunde. Die Leute scheinen es hier eilig zu haben", sagt der 24-Jährige. Er ist es gewohnt, sich drei Stunden Zeit zu nehmen, um Gott zu loben.

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