Brennelemente-Steuer: Kreis profitiert von Prozessniederlage

Trier/Konz · Die Bundesrepublik hatte nach Ansicht des Bundes- verfassungsgerichts zu Unrecht vom Energieversoger RWE eine Brennelemente- Steuer verlangt. Die muss zurückgezahlt werden. Das verschafft dem Landkreis einen Geldsegen.

Trier/Konz Die RWE-Aktien des Landkreises Trier-Saarburg gehören seit einigen Jahren nicht unbedingt zu den Dingen, die Kämmerer Alois Zehren große Freude bereitet haben. Im kommenden Jahr wird das anders sein. Dann gibt es unterm Strich eine Einnahme bis zu 450 000 Euro für den Kreishaushalt aufgrund von Dividendenzahlungen des Energieversorgers, sagt Martina Bosch, Sprecherin der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. Grund: Die Bundesrepublik Deutschland hat einen Prozess verloren. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass mehrere Energieversorger die zwischen 2011 und 2016 erhobene Brennelementesteuer für Verbrauch von Uran 233 und 235 sowie Plutonium 239 und 241 gar nicht hätten zahlen müssen. Zehrens Vorgänger Johannes Minn konnte beim Zusammenstellen der Haushaltszahlen noch mit ganz anderen Einkünften aufgrund des Aktienbesitzes (siehe Info) für den Landkreis Trier-Saarburg rechnen. 2010 gab es beispielsweise noch eine Zahlung in Höhe von rund einer Million Euro.
Spätestens mit dem Atomausstieg hatte sich das Blatt gewendet. Die Aktien haben in den vergangenen Jahren rasant an Wert verloren. Schmalhans ist seitdem Küchenmeister, wenn es um Dividendenzahlungen geht. Für das kommende Jahr kann Alois Zehren pro Aktie statt geplanter 50 Cent nun 1,5 Euro einplanen. Diese höhere Dividende für 2018 hat nicht unbedingt etwas damit zu tun, dass das Unternehmen erfolgreicher gewirtschaftet hat. Es liegt daran, dass RWE und einige andere Konzerne die gezahlte Brennelemente-Steuer zurückbekommen. Deshalb gibt es rund 1,7 Milliarden Euro vom Bund für die RWE. Ob das Geld des Energieversorgers hilft, die chronische Finanznot des Landkreises zu beheben, muss bezweifelt werden. Laut Kreisverwaltung entspricht die Zahlung des Energieversorgers einem Drittel Umlagepunkt. Derzeit verlangt der Landkreis Trier-Saarburg den Verbands- und Ortsgemeinden 44 Umlagepunkte ab, um damit seine Ausgaben finanzieren zu können. Ein großer Ausgabeposten des Kreises sind die Personalkosten. Dass diese im Kreis Trier-Saarburg nicht noch höher sind, ist ebenfalls RWE-Papieren zu verdanken. Denn 2007 verkaufte der Kreis 425 000 RWE-Aktien für rund 80 Euro pro Stück. Die rund 35 Millionen Euro Erlös flossen in einen Beamtenpensionsfonds und die Stiftung Zukunft Trier-Saarburg, mit deren Hilfe Dorftreffs oder Seniorenprojekte finanziert werden. Würde der Landkreis Trier-Saarburg sich von seinen jetzt noch vorhandenen 297 210 Aktien trennen, würde er angesichts eines aktuellen Kurses von rund 20,7 Euro pro Aktie knapp 6,2 Millionen Euro einnehmen. Auf dieses Geld muss Kreiskämmerer Alois Zehren wohl verzichten. Schließlich hat Zehrens Chef, Landrat Günther Schartz, den Verkauf von 2,2 Millionen RWE-Aktien durch die Stadt Bochum laut Handelsblatt kürzlich so kommentiert: "Die Kursentwicklung ist sehr erfreulich, die RWE-Aktie erreicht ein Niveau, das wir schon lange nicht mehr gesehen haben." Der Landrat weiter: "Wer voreilig verkauft, springt zu kurz." Das bringe zwar schnell einen Mittelzufluss, "RWE bietet jetzt aber auch wieder Aussicht auf langfristig stabile Dividenden", sagte er der Zeitung. Schartz ist Mitglied des RWE-Aufsichtsrats.
KommentarMeinung

Weg mit den Papieren
Das am Ende von den Steuerzahlern zu finanzierende Dividendengeschenk wegen der Brennelementesteuer ändert nichts an einer Tatsache: Es gibt keinen wirklich nachvollziehbaren Grund, warum Landkreise RWE-Aktien horten sollen. Natürlich kann man wie Landrat Günther Schartz argumentieren, dass die Aktien irgendwann steigen und es mehr Dividende gibt. Dass ein Mitglied des RWE-Aufsichtsrats das sagt, ist nicht überraschend. Schließlich wäre der Posten irgendwann weg, wenn die Aktien weg wären. Doch dies darf für die Kreistagsmitglieder kein Grund sein, nicht über einen Verkauf nachzudenken. Es geht um Glaubwürdigkeit: Einerseits wird seit Jahren die Abschaltung des französischen Atomkraftwerks Cattenom gefordert. Andererseits hat man offensichtlich kein Problem damit, Geld von einem Energieunternehmen zu kassieren, das drei der derzeit noch acht am Netz befindlichen deutschen Kernkraftwerke betreibt. Das passt nicht zusammen. Deshalb sollte man die Aktien rasch loswerden und das Geld in die bereits bestehende Stiftung stecken, die den Bürgern mehr bringt als Dividendenzahlungen, die im chronisch defizitären Kreishaushalt untergehen. h.jansen@volksfreund.deExtra: WER WIE VIELE AKTIEN BESITZT


Kreis Trier-Saarburg 297 210, Eifelkreis Bitburg-Prüm 556 136, Landkreis Bernkastel-Wittlich 413 201, Landkreis Vulkaneifel 242 920, Stadt Trier 0 Aktien. 1,2 Millionen Aktien wurden 2007/08 für rund 71 Millionen Euro verkauft.

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