Einzigartiger Fund am Merziger Kirchplatz

Merzig · Der Kirchplatz in Merzig ist zur Baustelle geworden. Und zur Fundgrube. Entdeckt wurden dort mittelalterliche Mauerreste. Die stammen von St. Walpurga und sind älter als Merzigs heutige Hauptkirche St. Peter. Für die Stadt stellt sich nun die Frage, wie sie mit dem historischen Fund aus der Zeit um 1150 umgehen soll.

Merzig. "Das ist schon recht einzigartig im Saarland", hält Professor Wolfgang Adler vom saarländischen Landesdenkmalamt kurz und knapp fest. Auch seine örtliche Grabungsleiterin, Dr. Inken Vogt, ist von dem Bild nach den ersten Wochen der historischen Aufarbeitung des Bodens unter dem bisherigen Parkplatz am Kirchplatz überrascht.
"Das war in den Georadar-Analysen so bisher nicht zu identifizieren. Wir waren durch die historischen Beschreibungen eher von einem Bau mit Langschiff ausgegangen. Stück für Stück zeigte sich bei den Grabungen aber, dass St. Walpurga eine sogenannte Vierkonchen-Form - also die eines vierblättrigen Kleeblatts - hatte. Das ist zwar für die Zeit nicht völlig ungewöhnlich, doch wirft das für die Stadt- und Kunstgeschichte Merzigs ganz neue Fragen auf."
Grabung unter Zeitdruck



"Für eine detaillierte Analyse des Baus mit etwa 14 Metern Durchmesser brauchen wir aber noch genauere Daten, die wir in den nächsten Wochen hoffentlich sammeln können", sagt Vogt. Denn die sogenannte Rettungsgrabung steht durch den Bauabschnittsplan rund um die Umbauarbeiten im Stadtkern unter Zeitdruck.
Auch aus diesem Grund forderte Denkmalschützer Adler von den Stadtoberen, das Anlegen des neuen Parkplatzes, wenn möglich, hinauszuzögern. Neben dem Zeitdruck stellen neue Aspekte für die Forscher weitere Herausforderungen. Es gibt viele Fragen, die sich schon an den wenigen erhaltenen Mauersteinen ergeben: Warum hatte die Kirche in der damaligen Randlage der Siedlung wohl vier Altäre, die sich in den Grabungen abzeichnen? Ist nach dem Bau von St. Peter um 1200 der deutlich kleinere Zentralbau wirklich als Pfarrkirche benutzt worden? Oder wurde er wegen seiner geringen Größe eher als ein Baptisterium, also reine Taufkirche, neben St. Peter benutzt? Und wie ändert sich dadurch die Bewertung der Gesamtlage im historischen Stadtbild?
Ältere Gräber unter den Mauern


Zunächst versuchen die Forscher laut Professor Adler, die genauere Datierung vorzunehmen. Dazu könnten die umliegenden Gräber Auskunft geben, die zum Teil unter den Mauern liegen und daher älter sein müssen als die Kirche. Das organische Knochenmaterial aus diesen Gräbern könnte mit der C14-Analyse zumindest eine Einordnung erlauben. Eine historisch korrekte Rekonstruktion aber, wie die innere und äußere Gestaltung der Kirche im Detail ausgesehen haben könnte, wird kaum zu klären sein. Die zum Teil nur wenige Zentimeter hohen Mauerreste lassen dazu kaum Rückschlüsse zu.
Die vorläufige Hypothese, was die Entstehung angeht, beruht auf den spärlichen Überlieferungen. Aus dem Jahr 1153 liegt eine Nachricht vor, dass Augustinermönche aus dem heute in der Eifel liegenden Springiersbach vor den späteren Prämonstratensern, den Erbauern von St. Peter, Klostergebäude in Merzig vollständig errichtet hatten. "Es ist daher davon auszugehen, dass St. Walpurga als ihre Klosterkirche um 1150 entstand", deutet Adler Quellen und Daten. Die Augustiner hätten auch aus ähnlichen Bauanlagen in Lonnig bei Koblenz wohl die nötigen Kenntnisse gehabt, um Sakralbauten in dieser besonderen Bauweise zu errichten.
Ungeklärt bleibt auch noch, warum die Kirche letztlich aufgegeben wurde. Nachgewiesen sind der Umzug des Taufregisters und Sakralgegenstände. Nach ihrem Abriss errichteten die Merziger im 18. Jahrhundert an ihrer Stelle zwar eine kleinere Kapelle, St. Walpurga aber verging völlig. Vielleicht können die weiteren anstehenden Grabungen auch dazu noch mehr ans Licht bringen. "Wir werden die Umbauarbeiten am Kirchplatz eng begleiten und am dann zugänglichen Boden rund um das Vereinshaus und das Pfarrhaus weitere Analysen vornehmen", so Bodendenkmalexperte Adler.
Extra

"26 Parkplätze waren nach der aktuell laufenden Umgestaltung des Bereiches Kirchplatz geplant, die mit insgesamt 1,9 Millionen Euro zu Buche schlägt. "Auf die Oberflächengestaltung entfällt etwa eine Summe von 1,7 Millionen Euro, die zu zwei Dritteln durch Bund und Land aus Mitteln der Städtebauförderung des Programms ‚Soziale Stadt\\' bezuschusst wird", teilte die Stadtverwaltung mit. Dem Stadtrat wurden acht Varianten vorgelegt, die die Grundrissabmessungen der Kirche in der Platzgestaltung sichtbar machen. Das Verfahren läuft weiter.

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