Eltern-Protest in Züsch: Flüchtlinge zu nah an der Grundschule

Züsch · Im Notfall könnten in der Turnhalle neben der Züscher Grundschule 100 Flüchtlinge untergebracht werden. Das hat die Verbandsgemeinde Hermeskeil dem Kreis vorgeschlagen. Zwei besorgte Väter wollen das verhindern. Sie befürchten eine "erhebliche Störung" des Schulbetriebs. Der Kreis versucht zu beruhigen: Der Notfallplan werde in absehbarer Zeit nicht zum Einsatz kommen.

 Nur wenige Meter trennen das Gebäude der Züscher Grundschule (links) von der Mehrzweckhalle, die für den Notfall als mögliche Flüchtlingsunterkunft gemeldet ist. TV-Foto: Christa Weber

Nur wenige Meter trennen das Gebäude der Züscher Grundschule (links) von der Mehrzweckhalle, die für den Notfall als mögliche Flüchtlingsunterkunft gemeldet ist. TV-Foto: Christa Weber

Foto: (h_hochw )

Züsch. Was passiert, wenn die Flüchtlingszahlen plötzlich rasant steigen und der Kreis Trier-Saarburg die ihm zugewiesenen Menschen nicht mehr unterbringen kann? Auf diesen Ernstfall will die Kreisverwaltung vorbereitet sein. Deshalb arbeitet sie schon seit Herbst 2015 an einem Notfallplan (der TV berichtete). Alle sieben Verbandsgemeinden (VG) sollten geeignete Gebäude benennen, die binnen 24 Stunden zur Flüchtlingsunterkunft werden könnten. Die VG Hermeskeil hat die Mehrzweckhalle neben der Züscher Grundschule als Notunterkunft für bis zu 100 Menschen vorgeschlagen - und damit Protest ausgelöst.
Die Tochter von Bernd Pelzer soll ab nächstem Jahr die Grundschule in Züsch besuchen, an der zurzeit etwa 40 Kinder in Kombiklassen unterrichtet werden. Die geplante "Zweckentfremdung" der Halle, die auch für den Schulsport genutzt wird, habe ihn "schockiert", sagt Pelzer.Zugang nur über Schulhof


Die Halle sei "als Notfallunterkunft völlig ungeeignet". Sorgen bereite ihm vor allem, dass der Eingang nur sechs Meter vom Schulgebäude entfernt sei. Der Weg in die Halle führe über den Schulhof, den sich die Kinder mit den Bewohnern der Unterkunft teilen müssten. Im Sommer sei damit zu rechnen, dass diese sich auch auf dem Hof aufhielten. "Ein störungsfreier Unterricht ist dann unmöglich." Auch für die Anlieger des nach allen Seiten offenen Schulgeländes bedeute dies womöglich "Probleme durch Lärm oder Müll", sagt Pelzer. Zudem sehe er bei bis zu 100 "schulfremden Personen" vor Ort die Gefahr, dass die Aufsichtspflicht über die Kinder "nicht mehr gewährleistet werden kann".
Er wolle nicht als Flüchtlingsgegner missverstanden werden, betont Pelzer: "Ich habe überhaupt nichts gegen Flüchtlinge in unserem Ort. Aber hier an der Schule passt das einfach nicht zusammen."
So sieht es auch Lars Heitchen, dessen Tochter im Sommer eingeschult wird. "Es gibt besser geeignete Gebäude, etwa das Bürgerhaus", sagt er. "Da könnte man auch 50 Leute unterbringen", pflichtet ihm Pelzer bei.
Schulleiter Armin Loos will auf die Sporthalle ungern verzichten. Sie werde "intensiv genutzt, auch für die Nachmittagsbetreuung". Müsse der Sportunterricht ausweichen, müssten auch alle Geräte dauerhaft anderswo untergebracht werden. "Das ist ein großer Aufwand." Er sehe ein, dass es einen Notfallplan geben müsse, sagt Loos, "aber für uns wäre das eine schlechte Lösung". Nach einem Schreiben des VG-Bürgermeisters Michael Hülpes, dass die meisten Eltern vorerst beruhigt habe, wolle die Schule nun "abwarten, in der Hoffnung, das nichts passiert". Hülpes hatte mitgeteilt, dass die Notfallplanung des Kreises nach dessen Einschätzung "nicht in Kraft treten wird".
Eine Aussage, auf die Bernd Pelzer nicht vertraut. Er hat den Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz per Brief aufgefordert, die Züscher Halle aus dem Plan zu streichen. Der Kreis stellt auf TV-Anfrage klar, dass er gesetzlich verpflichtet sei, die ihm zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen. Im Gegensatz zu etwa Bürgerhäusern seien Turn- und Mehrzweckhallen mit den "erforderlichen sanitären Einrichtungen" ausgestattet und daher für eine "kurzfristig umzusetzende Notfallplanung" besser geeignet.
Mit Blick auf die Nachteile vor Ort müsse laut Pressesprecher Thomas Müller "abgewogen" werden. Sollte keine VG eine Halle zur Verfügung stellen, müsse der Kreis auf seine eigenen Hallen an weiterführenden Schulen zurückgreifen, "was sicher zu noch erheblicheren Einschränkungen führen würde". Die VG Hermeskeil habe nach "intensiver Prüfung" die Hallen in Züsch und Reinsfeld gemeldet, weil dort eine Ausweichmöglichkeit ins Bürgerhaus gegeben sei, erklärt VG-Chef Hülpes.Hallen als letzte Option


Müller bestätigt, dass der Kreis zurzeit nicht davon ausgeht, auf den Notfallplan zurückgreifen zu müssen: "Die Lage hat sich deutlich entspannt." In Kell am See, Schweich, Saarburg, Kenn und Konz stünden 800 Betten bereit, bis zum Sommer weitere 150 in den Verbandsgemeinden Ruwer und Trier-Land. Bevor Schulturnhallen zum Zuge kämen, würden alle anderen Unterbringungsmöglichkeiten in vom Kreis angemieteten Immobilien "ausgeschöpft".
Sollte der Notfall dennoch eintreten, sagt Müller, würden "selbstverständlich die Gemeinden und die Katastrophenschutzkräfte vor Ort in die weiteren Planungen" einbezogen. In Züsch wolle man Halle und Schule "durch das Aufstellen von Duschcontainern und Bauzäunen" räumlich trennen und zusätzlich "Betreuungs- und Sicherheitskräfte" einsetzen.
Bernd Pelzer will sich darauf nicht verlassen: "Keiner weiß, ob es wieder einen großen Ansturm geben wird, und was dann passiert", sagt er. Und seine Tochter müsse er schließlich schon in diesem Jahr für die Schule anmelden. Bleibe es bei der Planung, werde er sie "definitiv nicht nach Züsch schicken". Aber vorher will er prüfen, ob er "rechtliche Schritte" einleiten kann.Meinung

Lösung nicht auf später verschieben
Wenn die Schulturnhalle in Züsch zur Flüchtlingsunterkunft werden sollte, dann würde das Einschränkungen für den Schulbetrieb bedeuten. Das kann niemand leugnen, der sich die räumlichen Verhältnisse vor Ort genauer anschaut. Dass Eltern deswegen beunruhigt sind, ist absolut verständlich. Sollte der Notfall aber tatsächlich eintreten, wird an der Nutzung der Halle wohl kein Weg vorbeiführen. Der Kreis ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Menschen unterzubringen. Und wenn die Mehrzweckhalle in Züsch nun mal dasjenige Gebäude in der VG Hermeskeil ist, das am ehesten geeignet ist, in kürzester Zeit eine große Anzahl von Menschen mit der notwendigen Infrastruktur zu versorgen - dann müssen Schüler, Lehrer und Eltern die damit verbundenen Störungen wohl oder übel hinnehmen. Allerdings: Wie es momentan aussieht, wird der Notfall nicht so bald eintreten. Das verschafft Zeit. Aber nicht, um die Lösung des Problems auf später zu verschieben. Sondern, um schon jetzt mit den Betroffenen über ihre Bedenken zu sprechen. Um darüber nachzudenken, wie die Auswirkungen für die Schüler so gering wie möglich gehalten werden könnten. Diese Chance sollten alle Parteien nutzen, anstatt auf später zu vertrösten oder auf einen Rechtsstreit zu setzen, der schon allein wegen der gesetzlichen Verpflichtung des Kreises aussichtlos sein dürfte. c.weber@volksfreund.de

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