"Es ist wie ein neues Leben"

SAARBURG. Am schlimmsten sei gewesen, dass sie kaum trinken durfte, sagt Ingrid Hollinger. Doch nun sitzt die Dame im reiferen Alter in einem Saarburger Hotel und nimmt vergnügt einen großen Schluck Wasser. Dank einer Organspende bekam sie vor Jahren eine neue Niere. Ein Glück, auf das mehr als 10 000 Menschen in Deutschland sehnsüchtig warten.

Dreimal in der Woche musste die aus dem saarländischen Völklingen stammende Ingrid Hollinger vor ihrer Operation zur Dialyse ins Krankenhaus. Vier Stunden lang war sie dann an das Dialysegerät angeschlossen. "An die Maschine", wie sie sagt. Die übernahm die Funktion der Niere und reinigte ihr Blut. "Man fühlt sich immer müde und schlapp", sagt Hollinger rückblickend. Dazu sei die "Abhängigkeit" von einer Klinik gekommen und die damit verbundene Einschränkung beim Reisen. Drei Jahre lang musste Hollinger warten, ehe für sie eine passende Spender-Niere gefunden und sie an der Reihe war. Bis zu sieben Jahre müsse sich gedulden, wer in Deutschland ein fremdes Organ eingesetzt haben wolle, sagt Anne-Bärbel Blaes. Die Koordinatorin der Deutschen Stiftung Organtransplantation war ebenso wie Hollinger zu einem Informationsabend der Arbeiterwohlfahrt Saarburg ins Hotel Jungblut gekommen. Die lange Wartezeit liegt nach Blaes‘ Worten jedoch nicht daran, dass weniger Organe zur Verfügung stehen. Vielmehr gebe es auch immer mehr ältere Menschen, die sich einer Organ-Transplantation unterziehen "wollten". Schließlich sei ein neues Organ für viele Nieren- oder Herzkranke eine große Verbesserung der Lebensqualität. Manchmal gar lebensrettend, meint Blaes. Deshalb habe sie sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Menschen davon zu überzeugen, schon zu Lebzeiten einen Organspende-Ausweis auszufüllen. Der gibt im Falle eines plötzlichen Hirntodes Aufschluss darüber, ob der Betreffende mit einer Organspende einverstanden ist. Liegt eine entsprechende Erklärung nicht vor, müssen die Angehörigen entscheiden - die dieser Aufgabe oft hilflos gegenüberstünden, wie Blaes berichtet. Laut Umfragen seien 80 Prozent der Deutschen bereit, Organe zu spenden. Doch nur zwölf Prozent hätten einen Organspende-Ausweis. "Mein Ziel ist, dass sich jeder entscheidet", betont Blaes. Auch wenn die Entscheidung gegen die Organspende ausfalle. Dann sei den trauernden Angehörigen immerhin die schwere Bürde genommen, den Willen des Verstorbenen erahnen zu müssen.Thema ins Bewusstsein rücken

Ingrid Hollinger hat von der Entscheidung eines Menschen profitiert, der auch nach seinem Tod anderen helfen wollte. Nun engagiert sie sich in der "Interessengemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Saar" und versucht, das Thema Organspende stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Nach ihrer Operation hat sie ein Bild gemalt, das die Situation ohne und mit neuer Niere symbolisieren soll: In einer dunklen und grauen Welt zieht sie an schweren Ketten ein Dialysegerät hinter sich her. Nach der Operation trinkt sie an einem Strand bei aufgehender Sonne ein großes Glas Fruchtsaft. Gefragt, wie sie sich nun fühle, erzählt Hollinger, die erste Zeit nach dem Eingriff sei schwer gewesen. "Doch es ist wie ein neues Leben", sagt sie - und greift vergnügt zu ihrem Wasserglas. Weitere Informationen gibt es beim gebührenfreien "Infotelefon Organspende" unter der Nummer 0800/9040400 oder im Internet auf der Seite der Deutschen Stiftung Organtransplantation, www.dso.deLesen Sie am Montag in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" über die Ladezone am Boemundhof.

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