Gaspistole lässt Gerüchte galoppieren

Anonyme Einträge im Internet sorgen an der Realschule Saarburg für Aufregung. Dort ist die Rede davon, dass ein Schüler einen Amoklauf angedroht habe. Fakt ist: Einem 16-Jährigen hat die Polizei Saarburg in der vergangenen Woche in der Realschule eine Gaspistole abgenommen. Schulleitung, Polizei und weitere mit dem Fall Befasste geben Entwarnung: Von dem Jungen gehe keine Gefahr aus. Einen Amoklauf habe er zu keiner Zeit geplant, das sei ihm "angedichtet" worden.

Saarburg-Beurig. Georg Schmitt, Rektor der Realschule Saarburg, und sein Stellvertreter Norbert Jungblut haben in diesen Tagen unfreiwillig eine Extra-Aufgabe bekommen. Sie müssen die rund 750 Schüler sowie besorgte Eltern aufklären und beruhigen. Ein Vorfall aus der vergangenen Woche ist nach Verbreitung über eine regionale Internet-Plattform offensichtlich "aus dem Ruder gelaufen".

"Am Mittwoch vergangener Woche gegen neun Uhr hat uns der Schulleiter angerufen und benachrichtigt, dass Schüler ihm eine Gaspistole gebracht hätten, die ein 16-jähriger Mitschüler von zu Hause mitgenommen und vor der Schule jemand anderem gegeben hatte", berichtet Heribert Kirf, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Saarburg auf TV-Nachfrage.

Die Polizei sei unverzüglich zur Schule gefahren, habe die Waffe sichergestellt und den 16-Jährigen zur Vernehmung mitgenommen.

Kirf: "Der Junge hat zugegeben, mit der Gaspistole nach Saarburg gekommen zu sein, und hatte sie einigen Mitschülern gezeigt. Dann wurde ihm das wohl zu brenzlig, und er hat sie vor dem Gebäude jemand anderem gegeben."

Auf die Frage der Polizei, wozu er die Waffe besitze, habe der Schüler geantwortet, er habe ein paar Mal zu Hause im Wald damit herumgespielt. Um festzustellen, ob er für die Gaspistole - die über das Freisetzen von Reizgas funktioniert - einen Waffenschein benötigt hätte, werde ein Gutachten angefertigt.

Hoch gekocht ist der Vorfall erst in dieser Woche, nachdem Unbekannte am Dienstag im Internet verbreiteten, der Schüler habe für Mittwoch einen Amoklauf mit der Waffe angedroht. Erneut schalteten sich daraufhin Schulleitung, Polizei, schulpsychologischer Dienst und Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) ein. Kirf: "Wir haben natürlich mit dem Betroffenen und den Eltern gesprochen. Der Schüler hat sich vehement gegen die Vorwürfe gewehrt und versichert, dass er derartiges nie vorhatte." Eine entsprechende Andeutung im Internet gebe es nicht. Im Gegenteil, wie Rektor Georg Schmitt informiert: "Er hat sich auf seiner Homepage am Dienstagabend entschuldigt für den Ärger, den er verursacht hat. Dort steht: ,Ich kenne die Gerüchte, die über mich rumgehen. Ich habe die Äußerung, Amok zu laufen, oder sonstige Drohungen nie gemacht.'"

"So, wie die Anschuldigungen im Netz formuliert sind, gehen wir davon aus, dass sie von Eltern stammen", sind Kirf und Schmitt überzeugt. Auch Norbert Jungblut ist über die Entwicklung, die der Fall genommen hat, erschüttert: "Da ist aus einem Gerücht etwas richtig Bedrohliches gemacht worden, und man kann gar nicht dagegensteuern." Geschockt habe ihn auch, dass viele Eltern, die mit ihm in den vergangenen Tagen gesprochen hätten, meinten, der Junge müsse unverzüglich "von der Schule fliegen". Zwar sei der 16-Jährige "aus gutem Elternhaus" kein ganz einfacher Typ. "Unsere Verantwortung als Schule ist aber auch, die Schwächeren zu fördern. Nicht nur hinsichtlich der schulischen Leistung, sondern auch im Bezug auf ihre Persönlichkeit."

Dass alle betroffenen Stellen in der Situation bedacht gehandelt hätten, bescheinigt auch Sigurd Hein, leitender Regierungs-Schuldirektor bei der ADD, den Verantwortlichen. Eine ernstzunehmende Gefahr - darin sind sich alle einig - gehe von dem Jugendlichen nicht aus. Hein: "Von Schulseite geht es jetzt darum, deutlich zu machen, dass das Verhalten nicht geduldet wird, und angemessene Konsequenzen zu ziehen."

Noch bis Donnerstag kommender Woche sei der Schüler vom Unterricht ausgeschlossen, so Jungblut. Weitere Gespräche würden in den kommenden Tagen mit ihm geführt.

Meinung

Gefährlich und perfide

Was über ein Massenmedium gestreute Gerüchte auslösen können, zeigt der Vorfall an der Saarburger Schule in abschreckender Weise. Dabei geht es nicht darum, die - wenn auch offensichtlich nicht begründeten, jedoch trotzdem vorhandenen - Ängste einiger Schüler und Eltern kleinzureden. Perfide und vor allem gefährlich ist aber die Art, wie einige Internet-Nutzer in den vergangenen Tagen mit dieser Angst umgegangen sind. Statt sich mittels dieses speziellen Mediums hinter Pseudonymen zu verstecken und aus der Anonymität heraus Anschuldigungen zu verbreiten, hätte ein Anruf bei Schule oder Polizei den Betroffenen sicher mehr gebracht. So aber ist unnötig Angst geschürt und ein junger Mensch in eine Ecke gestellt worden, aus der er nur unter großer Kraftanstrengung wird rauskommen können. s.rendenbach@volksfreund.de

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