Mit 90 Stundenkilometern durch den Ort: Raser sorgen für Unmut bei Anwohnern

Konz/Saarburg/Wawern · Zu schnell, zu gefährlich: Dutzende Anwohner ärgern sich über Raser vor ihrer Haustür. Bei der Saarburger Polizei sind in den vergangenen Monaten 45 solcher Beschwerden eingegangen. Die Beamten fühlen sich hilflos, weil zu wenig Personal für mehr Kontrollen da ist.

 Drehzahlmesser im roten Bereich: Wenn die Nadel kurz vor der Sieben steht, wird es ziemlich laut. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Drehzahlmesser im roten Bereich: Wenn die Nadel kurz vor der Sieben steht, wird es ziemlich laut. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Ortseingang Wawern, Weinbergstraße. Ein weißer Peugeot fährt mit etwa 90 Kilometern pro Stunde auf das Ortsschild zu, dann tritt er hart auf die Bremse. Der Fahrer hat den Streifenwagen von Markus Kohl gesehen. Der Leiter der Polizeiinspektion (PI) Saarburg ist nach Wawern gekommen, um sich die Situation in der Weinbergstraße anzusehen. Die eingangs beschriebene Szene sei "typisch", sagt er. Die Leute bremsten immer, sobald sie ein Polizeiauto sehen.
Vor Ort spricht er mit dem TV über Probleme mit rasenden Autofahrern und Beschwerden von Anwohnern in seinem Zuständigkeitsbereich. Dass ausgerechnet Wawern als Treffpunkt ausgewählt wurde, liegt an einem Schreiben von Anwohnern an die Polizei, das dem TV als Kopie vorliegt.
Die Situation am Ortseingang sei "sehr gefährlich", meinen die Wawerner. Vor allem im Berufsverkehr morgens und abends seien die Autofahrer dort mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde unterwegs - 50 sind erlaubt auf der K 132. Die Raserei gefährde ihre Kinder. "Wir hoffen auf eine baldige Entschärfung der Situation, damit unser Leben in der Weinbergstraße wieder sicherer wird", schließt der von etwa 30 Anwohnern unterschriebene Brief.
Für Kohl sind solche Schreiben kein Einzelfall. Die PI Saarburg ist für 58 Ortschaften zuständig - alle Orte in den Verbandsgemeinden (VG) Konz und Saarburg sowie einige in der VG Kell. Kohl berichtet von 45 Beschwerden von Anwohnern an unterschiedlichen Stellen, die der PI Saarburg zurzeit vorliegen: 23 in der VG Konz, 20 in der VG Saarburg und zwei in der VG Kell.
Darunter sind verschiedene Punkte in den Städten Konz und Saarburg, aber auch in Nittel, Tawern, Wellen Wincheringen, Irsch oder Kirf. "Es gibt bestimmt wesentlich mehr Stellen", meint Kohl. Besonders auf breiten geraden Strecken am Orts-ein- und -ausgang treten die Autofahrer schon mal gerne auf das Gaspedal.
"Ich habe volles Verständnis für die Beschwerden der Anwohner", sagt der Polizist. "Wenn ich genug Personal hätte, würden wir überall direkt zum Messen anrücken." Allerdings stehen im gesamten Bereich der Polizeidirektion Trier nur drei Fahrzeuge für Radarkontrollen zur Verfügung. Die acht Polizeiinspektionen in der Stadt Trier, den Kreisen Trier-Saarburg und Birkenfeld sowie in Teilen des Kreises Bernkastel-Wittlich müssen die Wagen für jede Kontrolle anfordern. Jede PI hat zudem jeweils eine Radarpistole. Die PI Saarburg teilt sich das Gerät mit der Polizeiwache in Konz. Deshalb sei es schwierig, an allen Beschwerde-Orten sofort Radarkontrollen zu veranlassen.
Besonders bei Messungen mit der Pistole ist der Personalaufwand sehr groß. Es müssen mindestens vier Beamte dabei sein - einer misst, einer schaut auf das Display und zwei Beamte in Uniform halten die Raser an. Wegen der vielen Beteiligten sprechen sich solche Kontrollen zudem schnell herum, und die Fahrer halten sich für den Zeitraum der Messung an die Geschwindigkeiten. Allerdings sieht Kohl im persönlichen Gespräch der Polizei mit den Temposündern eine Möglichkeit, die etwas bringt. Die Effektivität anderer Mittel gegen Raserei betrachtet er eher skeptisch (siehe Extra).Meinung

Was bleibt, ist ein Appell
Die Polizei hat zu wenig Ressourcen, um den Verkehr ausreichend zu überwachen. Die Kommunen können oder wollen sich keine fest installierten Blitzgeräte leisten. Die baulichen Lösungen gegen Raserei funktionieren auch nicht einwandfrei: Schwellen produzieren Lärm, Hindernisse gefährliche Situationen. Was bleibt, ist ein Appell an die Vernunft der Autofahrer. Und die Raser in den Ortschaften sind meist die Einheimischen und nicht die Menschen auf der Durchreise. Es ist nicht schlimm, ab und an fünf Kilometer pro Stunde mehr als erlaubt auf dem Tacho stehen zu haben. Das würde bei Radarkontrollen vermutlich gar nicht auffallen. Was schlimm ist, sind extreme Geschwindigkeitsübertretungen - wie die, von denen die Wawerner berichten. Diese Raserei auf den letzten 400 Metern innerhalb des Ortes bringt keinem etwas. Da muss sich jeder Fahrer im Sinne der Anwohner beherrschen und Rücksicht nehmen. c.kremer@volksfreund.deExtra

 Markus Kohl, Chef der Polizeiinspektion Saarburg, informiert sich über die Situation in Wawern. TV-Foto: Christian Kremer

Markus Kohl, Chef der Polizeiinspektion Saarburg, informiert sich über die Situation in Wawern. TV-Foto: Christian Kremer

Baumaßnahmen: Markus Kohl hält Hindernisse nicht immer für förderlich. Fahrbahnschwellen bremsen das Tempo der Autofahrer ab, allerdings produzieren sie Lärm, wenn die Fahrzeuge darüberrumpeln. In Konz-Roscheid wurden solche Schwellen kurz nach der Installation in der Roscheider Straße deshalb wieder abgebaut. Auch künstliche Hindernisse, die Autofahrer zum Bremsen und Umfahren zwingen, bringen nicht immer das gewünschte Ergebnis. Am Ortseingang Ayl auf der B 51 wurden sie wieder abgebaut, weil sie gefährliche Verkehrssituationen mit entgegenkommenden Fahrzeugen provoziert haben. Die Fahrer einigten sich nicht, wer zuerst fahren darf - es kam auch zu leichten Unfällen. Starenkästen: Mit feststehenden Blitzern werden laut Kohl meist nur ortsfremde Autofahrer erwischt. Einheimische bremsten nur kurz ab, um nicht ertappt zu werden, und führen dann wieder schneller. Das sei zum Beispiel auf der Autobahn bei Koblenz zu beobachten. Kohl denkt, dass nur bei einer unglaublichen Dichte von festinstallierten Radaranlagen dauerhaft langsamer gefahren wird. Das sei allerdings sehr teuer für die Kommunen. Geschwindigkeitsanzeigen: Könen hat sie, Temmels ebenfalls und etliche weitere Gemeinden. Die meisten sprechen von guten Erfahrungen mit den Geschwindigkeitsanzeigen. Kohl meint: "Die Anzeigen bringen bedingt etwas. Die Autofahrer schauen bewusst auf ihren Tacho." Er warnt allerdings davor, dass sich der Effekt abnutze, wenn zu viele solcher Anlagen aufgestellt würden. cmk

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