Schwarzer Tag für den Hochwald

Schock für die Belegschaft von Saargummi: Von derzeit etwa 1000 Jobs sollen nur 400 bleiben. Zudem verlangt die Unternehmensleitung einen weiteren Lohnverzicht in Höhe von 20 Prozent.

 „Unsere Produkte gehen ins Ausland, wir in Hartz IV“, heißt es auf dem Transparent an der Schlossberghalle. Foto: Norbert Wagner

„Unsere Produkte gehen ins Ausland, wir in Hartz IV“, heißt es auf dem Transparent an der Schlossberghalle. Foto: Norbert Wagner

Büschfeld. Gedämpfte Stimmung am Samstagmorgen vor der Schlossberghalle: Mitarbeiter von Saargummi dürfen wenige Minuten vor der Betriebsversammlung auf die tatkräftige Unterstützung der AfA und der IGBCE bauen.

Kaum jemand der etwa 1000 Beschäftigten möchte etwas sagen, alle fürchten um ihren Job. Einige wenige geben sich kämpferisch. Solidarität ist gefragt wie selten zuvor im Hochwald. Durchgesickert war, dass etwa die Hälfte des Personals des Büschfelder Unternehmens von Entlassungen bedroht ist. Raimund Greuter arbeitet bei Saargummi in Altersteilzeit und ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen.

Gemeinsam mit Ehemaligen unterstützt er seine Kollegen vor Ort. "Vor drei Jahren sind wir bundesweit Fabrik des Jahres geworden", erzählt Greuter. Damals hätten Kriterien wie Motivation und Ausbildungsstand der Mitarbeiter sowie qualitätsbewusste Fertigung den Ausschlag gegeben. "Heute unterstellt man genau diesen Menschen, sie seien nicht in der Lage, gute Produkte in den Handel zu bringen", ereifert sich der Gewerkschaftler. Seitens der Geschäftsleitung heiße es, so Greuter, man könne am Standort keine Aufträge mehr platzieren. Es gäbe zu viel Ausschuss, die Qualität sei nicht mehr ausreichend. Die Belegschaft wisse jedoch: "Die Auftragslage ist hervorragend". "Alles, was nicht profitabel ist, schaffen die hier raus", beklagt sich Wolfgang Weber, der 40 Jahre bei Saargummi gearbeitet hat. Das bestätigt Raimund Greuter und meint: "Hier stinkt der Fisch von Kopf her". Man bezahle inzwischen acht Geschäftsführer, unterdessen werde die Zahl der Belegschaft kontinuierlich heruntergefahren und Teile des Betriebes dem Ausverkauf preisgegeben. Am Ende der knapp zweistündigen Versammlung verließen die Mitarbeiter die Schlossberghalle mit versteinerten Minen. Die Erklärung der Geschäftsführung, den Personalbestand auf 400 Mitarbeiter herunterzufahren, saß wie ein Schock.

Dennoch meinte Arno Dühr, Betriebsratsvorsitzender bei Saargummi: "Die Gegenseite hat sich heute eine blutige Nase geholt". Zurzeit herrsche so etwas wie Funkstille. Extra Bei dem Autozulieferer Saargummi in Büschfeld werden Dichtungssysteme für Autos hergestellt. Die größten Kunden sind Volkswagen, BMW, Daimler. Zurzeit arbeiten noch 910 Männer und Frauen bei Saargummi im Werk. Im März dieses Jahres hatte die Gewerkschaft einen Rahmensozialplan ausgehandelt, um den Abbau von etwa 180 Arbeitsplätzen abzufedern. Wie Ende Juni bekannt wurde, sollen die Bereiche, die nicht den Autobauern zuliefern, nach und nach verkauft werden. Das sind zurzeit noch die Fertigung von Schuhsohlen und Abdichtungen für Dächer. Die Sparte Gleisoberbau wurde bereits am 1. Mai an die Vossloh-Werdohl GmbH verkauft. In diesen drei Sparten arbeiten knapp 160 Mitarbeiter. Wenn insgesamt 360 Arbeitsplätze im Automotive- Bereich abgebaut sind, sind dort noch etwa 400 Mitarbeiter beschäftigt. Saargummi war im Dezember 2007 an die Beteiligungsgesellschaft Odewald & Cie. verkauft worden. Davor gehörte der Automobilzulieferer der Orlando Management. Diese hatte die Gruppe 2004 vom Energiekonzern Evonik (damals RAG) gekauft. (red)

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