Zerfer Kreiselkunst steht auf der Kippe

Zerf · Was passiert nach den massiven Protesten von Motorradfahrern mit dem Kunstwerk auf dem Zerfer Kreisel? Diese Frage bleibt noch offen. Die Mehrheit des Zerfer Rats ist gegen einen sofortigen Abbau der Skulptur. Stattdessen sollen Experten bis Anfang nächster Woche ein Urteil fällen, ob das Kunstwerk ein Sicherheitsrisiko für den Verkehr ist.

 Karl-Josef Stampf, Peter Herres, Dennis Reiland (von links) und viele andere Motorradfahrer halten das aus Metallrohren bestehende Kunstwerk in der Mitte des Zerfer Kreisels für lebensgefährlich. TV-Foto: Axel Munsteiner

Karl-Josef Stampf, Peter Herres, Dennis Reiland (von links) und viele andere Motorradfahrer halten das aus Metallrohren bestehende Kunstwerk in der Mitte des Zerfer Kreisels für lebensgefährlich. TV-Foto: Axel Munsteiner

Zerf. "Es verlangt von uns ja keiner, dass das Ding von heute auf morgen abgebaut wird. Aber es liegt doch auf der Hand, dass dieses Kunstwerk gefährlich ist. Warum man dafür noch eine Expertenrunde braucht, kann ich nicht ganz nachvollziehen." So kommentiert Gerd Martin den Ausgang der Zerfer Ratssitzung.
Bundesweite Proteste


Er ist Moderator des Internetforums "moselbikers.de", in dem seit einigen Tagen heftig über die Skulptur "Kleines Rasenstück" diskutiert wird. Sie steht seit Herbst 2010 auf dem Zerfer Kreisel. Doch der Sturm der Entrüstung, den das Metallgebilde hervorruft, beschränkt sich längst nicht mehr auf die regionale Biker-Szene. Das Kunstwerk provoziert bundesweit in den Online-Plattformen heftigste Kritik. So ist dort unter anderem von einer "Ansammlung von Speerspitzen", die bei einem Unfall den menschlichen Körper durchbohren könnten, die Rede.
Abbau steht weiter zur Debatte


"Die Situation ist aufgeheizt. Wir müssen dem enormen Druck Rechnung tragen. Denn im Internet wird es keine Ruhe mehr geben", machte Ortsbürgermeister Manfred Rommelfanger (SPD) gleich zu Beginn der Sitzung deutlich. Doch am Ende der Debatte fand er für seinen Standpunkt keine Mehrheit. Rommelfanger hatte sich für den sofortigen Abbau der Skulptur eingesetzt. Neben den vielen beleidigenden Beiträgen im Internet - von denen sich Martin ausdrücklich distanziert - habe es auch sachlich fundierte Einwände gegeben.
"Es ist möglich, dass gewisse Aspekte der Verkehrssicherheit bei der Errichtung des Kunstwerk nicht bedacht wurden. Auch bei niedriger Geschwindigkeit kann es vorkommen, dass man in den Kreisel geschleudert wird und sich verletzt", so Rommelfanger. Er verwies außerdem darauf, dass das Gebilde bereits beschädigt wurde. "Ich prophezeie, dass es immer wieder Zerstörungen geben wird." Außerdem habe man ihm bereits eine Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angedroht.
Die Gemeinde ist für die Verkehrssicherungspflicht der 25 000 Euro teuren Skulptur zuständig, weil sie mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) Trier einen Sondernutzungsvertrag geschlossen hat. Doch Rommelfangers Plädoyer für einen schnellen Schnitt wurde mit elf zu fünf Stimmen abgeschmettert. "Ich wehre mich dagegen, dass man uns eine Entscheidung aufs Auge drücken will. Wir wollen Abhilfe schaffen. Aber zuerst sollten uns mal Fachleute sagen, ob es tatsächlich ein Gefahrenpunkt ist", so Günter Dexheimer (SPD). Ähnlich argumentierten andere Ratsmitglieder (siehe Extra).
Bis Anfang nächster Woche soll diese Expertenrunde, der Vertreter des LBM, der Polizei und des ADAC angehören werden, zusammenkommen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Sollten die Fachleute bestätigen, dass das Kunstwerk ein Sicherheitsrisiko darstellt, werde man es abbauen und dann verkaufen. So lautet die vom Zerfer Rat festgelegte Marschroute. LBM-Sprecher Klaus Wagner sagt auf TV-Anfrage, dass der LBM vor der Aufstellung der Skulptur unter anderem zur Auflage gemacht habe, "dass alle Spitzen abgerundet und scharfe Kanten so umgebogen werden, dass eine Gefährdung weitestgehend ausgeschlossen werden kann". Das sei auch geschehen. Wagner räumt aber ein, "dass wir aus heutiger Sicht Nachbesserungsbedarf nicht ausschließen". Der LBM werde sich auch einem Abbau des Kunstwerks nicht verschließen. Die Einsetzung der Expertenrunde sei sinnvoll, "um die Gefahreneinschätzung auf eine seriöse Grundlage zu stellen und nicht von der Anzahl der eingegangenen Beschwerdebriefe abhängig zu machen".
Bis zu diesem Treffen wird der LBM aber nicht - wie vom Zerfer Rat gefordert - Warnblinkleuchten vor dem Kreisel aufstellen. "Eine zusätzliche Absicherung über die bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzungen hinaus (Annmerkung der Redaktion: erlaubt ist Tempo 50), halten wir für nicht zielführend", so Wagner.
Unterdessen hat sich auch der Kunstverein Trier Junge Kunst zu Wort gemeldet. Er spricht von einer "Machtdemonstration der Motorradlobby". Der Verein hält den Kritikern entgegen, "dass bisher kein Unfall passier ist, in den das Kunstwerk involviert gewesen wäre". Die aus Zink gefertigten Rohre seien ein weiches, biegsames Material, das bei einem Aufprall nachgibt.Meinung

Schlechte Überlebenschance
Wie die Sache aussieht, hat das höchst umstrittene Kunstwerk am Zerfer Kreisel zwar noch eine letzte, kurze Galgenfrist bekommen. Aber eine echte Überlebenschance hat es zumindest an diesem Standort wohl nicht mehr. Denn die Gilde der Motorradfahrer hat mit ihrer massiven Kampagne, deren Echo durch die Szene in ganz Deutschland hallt, die Verantwortlichen sehr stark unter Zugzwang setzt. Wohlgemerkt: Es ist reine Spekulation, ob sich das von den Bikern beschriebene Schreckensszenario jemals bewahrheiten würde. Und es ist schon paradox, dass ausgerechnet eine einst gefahrenträchtige Kreuzung, an der es seit dem Kreiselbau 2004 keine folgenschweren Unfälle mehr gab, nun im Internet zum "Menschenschnitzelwerk" mutiert. Aber: Es ist ganz klar, dass die nun einberufene Expertenrunde selbst das allergeringste Restrisiko ausschalten muss. Denn wenn das Kunstwerk mit seinen spitzen Rohren dort bleibt, wo es ist und es irgendwann doch zu einem Unglück kommt, müssten sich alle Beteiligten den Vorwurf des grob fahrlässigen Handelns gefallen lassen. Deshalb spricht vieles dafür, dass das Kunstwerk den Zerfer Kreisel nicht mehr lange zieren wird. a.munsteiner@volksfreund.deDieter Engelhardt (SPD): "Ich war kein Freund des Kunstwerks, kann aber nicht verstehen, warum jetzt so ein Bohei darum gemacht wird. Wir sollten dem Druck nicht nachgeben." Bruno Thiel (CDU): "Ich bin ein Befürworter des Kreisel-Kunstwerks und würde es schade finden, wenn wir es in letzter Konsequenz abbauen müssten. Walter Kessler (Bürgerunion offene Kommunalpolitik): "Um den Kreisel eine hohe Leitplanke zu machen und ihn so zu entschärfen, halte ich nicht für sinnvoll. Dann würde das Kunstwerk eingesperrt und verlöre seine Wirkung." ax

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