Ein Stoff, doch kein Einerlei

Trier · Zum dritten Mal war die Tufa Trier Schauplatz des internationalen Regiewettbewerbs Versionale. Fünf Regietalente haben mit Inszenierungen eines Textes aus Figaros Hochzeit um die Gunst von Jury und Publikum gerungen. Als Siegerin zieht die aus Saarlouis stammende Kai-Anne Schumacher ins deutsche Finale.

 Megan Kahts und Wolfgang Schwaiger spielen in dem Stück von Kai-Anne Schumacher. TV-Foto: Anke Emmerling

Megan Kahts und Wolfgang Schwaiger spielen in dem Stück von Kai-Anne Schumacher. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Die Versionale ist ein Wettbewerb für angehende oder freie Regisseure, der seit 17 Jahren in sechs Ländern ausgetragen wird. Das Konzept: Die Teilnehmer erhalten eine einheitliche Textvorgabe und müssen sie als höchstens 18-minütiges Bühnenstück inszenieren. Wer von Publikum und Fachjuroren auf nationaler Ebene zum Sieger gekürt wird, zieht ins europäische Finale, bei dem ein Regieauftrag zu gewinnen ist.
"Dieser Wettbewerb ist für die jungen Leute so wichtig, dass sie dafür tausend Kilometer fahren", sagt ein Elternpaar am Eingang der Tufa, dessen Tochter aus Wien angereist ist, um teilzunehmen. Hier gehen fünf der in diesem Jahr an den deutschen Spielorten Essen, Leipzig, Hamburg, Berlin, Dresden und Trier angemeldeten 33 Regisseure an den Start. Ihr Stoff ist das 1778 von Pierre Beaumarchais geschriebene Stück "Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro". Figaro und Susanne, Dienstboten bei Graf und Gräfin Almaviva, wollen heiraten. Der Graf aber begehrt Susanne und will sich ihrer über das, von seiner Frau bereits abgeschaffte, Recht der ersten Nacht bemächtigen. Ein intrigenreicher Kampf aller Beteiligten bricht aus. Sowohl die rund 70 überwiegend jungen Zuschauer, wie auch die Trierer Fachjuroren, Regisseur Johannes Conen, Christoph Nonn von der English Drama Group und Michael Gubenko, Gründer der Bühne 1 sowie Moderator Marc-Bernhard Gleißner von der Uni-Theatergruppe Kreuz & Quer sind beeindruckt über die Vielfalt der dazu entwickelten Ansätze.
Claudia Stephen, Regisseurin der Trierer Laien-Theatergruppe LimeLight, hat sich vom rebellischen Potenzial der Figur von Gräfin Almaviva zu einem ernsten Zwei-Frauen-Emanzipations-Stück anregen lassen. Patricia Hachtel, im Boulevardfach erfahrene Schauspielerin, münzt satirisch "toller Tag" zu "toller Talk" um, einer turbulenten Show, in der sich die vier Akteure und ihre Paarbeziehungen entlarven.
Louis Villinger, in München ausgebildeter Kindertheater-Regisseur, ergründet die Voraussetzungen für Revolte. Er lässt Figaro gegenüber Susanne den Grafen karikieren und langsam in dessen Rolle gleiten. Lisa Jelkmann, Regisseurin und Dramaturgin aus Krefeld, legt mit einem opulenten Himmelsbühnenbild den Fokus ihrer englischsprachigen Inszenierung auf das Illusorische des Stücks.
Die zu zwei Dritteln gewerteten Publikums- und zu einem Drittel gewertete Jury-Stimmen aber kann Kai-Anne Schumacher für sich verbuchen, die junge Frau, die aus Wien angereist ist. Sie überzeugt mit einer höchst originellen Musiktheater-Version. Darin macht sie Figaro und Susanne zu Probanden eines Laborexperimentes des Grafen. Schumacher hat in Bayreuth beim Studium der Theaterwissenschaften ihr Regietalent entdeckt und baut es jetzt mit einem Musiktheaterstudium in Wien aus. Am 17. November wird sie in Dresden im deutschen Finale stehen. ae

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