Film Ab - Die Kinokolumne: "Barbara"

Im Film geht es ums Sehen und Gesehenwerden; um die Blicke der Figuren auf der Leinwand und um den Blick, den die Kamera aufs Geschehen richtet und so zum Auge des Zuschauers wird. In der Dunkelheit des Kinosaals wird das Publikum zum Voyeur, spioniert in Hitchcocks "Fenster zum Hof" gemeinsam mit James Stewart dessen Nachbarn aus oder fliegt in Coppolas "Apokalypse Now" mit Robert Duvall einen Angriff auf ein vietnamesisches Dorf.

 Will weg aus der DDR: Barbara (Nina Hoss). Foto: Piffl Medien

Will weg aus der DDR: Barbara (Nina Hoss). Foto: Piffl Medien

Auch in "Barbara" ist das Beobachten zentrales Thema. Gleich zu Beginn blickt der Zuschauer gemeinsam mit Kinderarzt André Reiser (Ronald Zehrfeld) aus dem Fenster auf dessen neue Kollegin Barbara Wolf (Nina Hoss). Nachdem Barbaras Ausreiseantrag aus der DDR abgelehnt wurde, wird sie 1980 von der Berliner Charité an ein Provinzkrankenhaus an der Ostsee versetzt. Dort bereitet sie nicht nur ihre Flucht vor, sondern steht unter ständiger Überwachung. Im Gegensatz zu Hitchcock oder Coppola setzt Regisseur Christian Petzold nicht auf Schaueffekte. Barbaras Unbehagen zeigt er in kleinsten Gesten und Blicken, in denen das Misstrauen gegenüber ihren Mitmenschen mitschwingt. Stark ist der Film immer dann, wenn er das Offensichtliche ausblendet, etwa eine Leibesvisitation nur bis zum Überstreifen der Gummihandschuhe zeigt. Auch in Petzolds jüngstem Film ist Nomen Omen. Erst ganz am Ende kommt Barbara (griechisch für "die Fremde") an und legt ihre schützende Hand über ein gefangenes Mädchen. Falk Straub

"Barbara" läuft im Broadway Trier. Diese und weitere Kolumnen finden Sie im Internet auf volksfreund.de/kolumne

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