Kinokolumne: Snow White&The Huntsman

Trier · Nach „Spieglein, Spieglein“ im April flimmert aktuell schon wieder eine Schneewittchen- Adaption über die deutschen Kinoleinwände. Die erste bot eine fade böse Königin, gespielt von Julia Roberts, und ein langweiliges Schneewittchen ohne Farbe und Charakter. Gott sei dank, ist die neue Version namens „Snow White&The Huntsman“ spannend, düster und gefährlich.

 Dieses Schneewittchen (Kristen Stewart) kommt so gar nicht unschuldig daher. Foto: Universal Pictures

Dieses Schneewittchen (Kristen Stewart) kommt so gar nicht unschuldig daher. Foto: Universal Pictures

Hier wollte Regisseur Rupert Sanders wohl ein Fantasy-Epos schaffen, was ihm in Teilen durchaus gelingt. Große Bilder voller Düsternis mit spannenden Spezialeffekten. So löst sich die Königin in einem Schwarm schwarzer Raben auf und sich später wieder aus einer schmierigen Pechlache zu materialisieren. Die Handschrift von Produzent Joe Roth, der schon Tim Burtons "Alice im Wunderland" realisierte, ist klar zu erkennen. Vor allem im Elfenwald, in dem sich allerlei Fabelwesen und zauberhafte Pflanzen tummeln, wie winzig kleine Elfen mit spitzen Ohren, die auf Hasen und Vögeln reiten oder fliegende bunte Pilze.

Mit Charlize Theron gibt es eine wirklich bösartige Königin, die Mädchen die Lebenskraft aussaugt, um jung zu bleiben, die Königreiche erobert, indem sie deren Herrscher umgarnt und erbarmungslos tötet. Dazu beherrscht sie schwärzeste Magie. Nach Julia Roberts seichter todlangweiliger Interpretation der Königin, lässt es Theron dem Zuschauer allein durch stechende Blicke eiskalt den Rücken hinunterrieseln. Sie stellt damit den ausdrucksstärksten Charakter im Film dar.

Snow White muss in dieser Adaption jahrelang im höchsten Turm des düsteren Schlosses vor sich hinvegetieren. Eine Pritsche dient ihr als Bett, sonst gibt es nur nackte Steinwände. Das Mädchen selbst ist dreckig, trägt abgerissene Kleider. Ihren Kampfgeist hat sie trotzdem nicht verloren, befreit sich aus ihrer misslichen Lage und flieht in den dunklen Wald, aus dem niemand zurückkehrt.
Dazu hetzt ihr die Königin, deren einzige Gefahr Snow White darstellt, weil sie schöner und rein ist, einen Jäger auf den Hals. Der verschont sie natürlich, wird zu ihrem Führer und Beschützer. Der aus dem Film "Thor" bekannte Chris Hemsworth mimt den Jäger cool, kämpferisch und sympathisch. Trotzdem bleibt seine wichtige Rolle farblos. Wie genau sein Verhältnis zu Snow White ist, bleibt bedauerlicherweise trotz der Spannung zwischen den Beiden unklar. Natürlich treffen die beiden auf die Zwerge - acht (!) an der Zahl - die Snow White schließlich folgen.

Kristen Stewart scheint in ihrer Rolle als Snow White wenig von der Rolle der Bella in Twilight abweichen zu wollen. Die gleichen Gesichtsausdrücke, die gleiche Mimik und Gestik. Zu sagen hat Snow White nicht viel. Nur einmal hält sie eine flammende Rede vor dem letzten Kampf gegen die Königin, und die kauft man ihr nicht wirklich ab. Da fragt man sich, ob sie nicht anders kann, will oder nicht anders durfte. Natürlich sieht Stewart wunderschön aus, als sie tot im weißen Schnee liegt oder verzweifelt den Jäger um ihr Leben bittet. Das ist aber auch schon alles. Schade.

Trotzdem werden die 127 Minuten, die der Film dauert, nicht langweilig. Viele gute Ansätze und Geschichten stecken in dem Fantasy-Märchen. Zu schade, dass keine Geschichte ausgespielt beziehungsweise vertieft wird. So fragt sich der Zuschauer, warum Snow White dem weißen Hirsch im Elfenwald begegnet, der dann von den Schergen der Königin erschossen wird oder doch nicht. Man erfährt es nicht.
Eine wirkliche Liebesgeschichte gibt es nicht. Ihre Sandkastenliebe William ist zwar nett, erweist sich jedoch ebenfalls als austauschbar. Humor fehlt dem Film nahezu komplett. Nach "Spieglein, Spieglein", wo krampfhaft auf witzig gemacht wurde, ist das fast eine Wohltat.

Fazit: Wunderbar düster, große Bilder, gute Effekte, lückenhafter Plot - trotzdem kurzweilige Unterhaltung.

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