Rheinisches Landesmuseum setzt Leben des umstrittenen Kaisers emotional in Szene

Trier · Erstklassige Exponate, Wow-Effekte und eine emotionale Inszenierung von Neros Leben verspricht das Rheinische Landesmuseum zur großen Ausstellung über den römischen Kaiser. Ab dem 14. Mai sind dort 400 Exponate zu sehen, die den umstrittenen Herrscher in ein neues Licht rücken sollen.

 Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums in Trier, freut sich auf die Ausstellung über den römischen Kaiser Nero (37 bis 68 n. Chr.). Sie wird unter anderem zeigen, welch enormer Luxus in dem sagenumwobenen Palast des Kaisers herrschte. Zu den Exponaten zählt der älteste antike Globus mit Himmelsmalereien (unten) sowie ein Mosaik aus der Zeit Neros. Fotos: dpa, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz, Musei Vaticani

Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums in Trier, freut sich auf die Ausstellung über den römischen Kaiser Nero (37 bis 68 n. Chr.). Sie wird unter anderem zeigen, welch enormer Luxus in dem sagenumwobenen Palast des Kaisers herrschte. Zu den Exponaten zählt der älteste antike Globus mit Himmelsmalereien (unten) sowie ein Mosaik aus der Zeit Neros. Fotos: dpa, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz, Musei Vaticani

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Abends geht er mit Nero ins Bett, morgens steht er mit Nero auf - seit Jahren schon denkt Marcus Reuter, Leiter des Rheinischen Landesmuseums, fast täglich an den exzentrischen römischen Kaiser, dessen Machtgebaren, Marotten und Morde er in- und auswendig kennt. Satt scheint er den alten Römer dennoch nicht zu haben. Im Gegenteil. Reuter strahlt. Und aus allem, was er über Nero sagt, spricht Vorfreude. Denn bald geht es los: Am 14. Mai öffnet die große Trie rer Nero-Ausstellung, deren Herz im Rheinischen Landesmuseum schlägt.

Noch darf kein Journalist hinter die Kulissen der 1000 Quadratmeter großen Ausstellung schauen. Reuter befeuert die Neugierde, indem er "Wow-Effekte" und Exponate der "Champions League" verspricht. Man habe sich - passend zu Nero - für eine "sehr emotionale Inszenierung" entschieden. Jeder der 14 Räume, die sich von der Geburt bis zum Selbstmord chronologisch mit dem ausschweifenden Leben des Kaisers beschäftigen, ist anders gestaltet. Neues Thema, neue Stimmung.

Nicht nur die 400 Exponate aus 37 internationalen Museen, auch bewegte Bilder und Klänge begleiten den Zuschauer durch die Welt des umstrittenen Herrschers, der normalerweise nie Kaiser geworden wäre: "Das hat er seiner Mutter zu verdanken, die ihn auf den Thron geboxt hat", sagt Reuter. Umso skandalöser, dass Nero sie ermorden ließ - ein ganzer Raum widmet sich dem Muttermord. Großes Thema ist auch der Brand von Rom, an dem Nero - zu Unrecht - die Schuld gegeben wurde. Zu sehen sind echte Funde aus der Brandschicht, die bei der Katastrophe entstand. Stücke, die in Trier erstmals gezeigt werden, ehe sie in Rom wieder im Depot verschwinden.

Auch wird der Besucher erleben, welch enormen Luxus der legendäre Palast Neros - die 80 Hektar große Domus Aurea - bot: Edles Geschirr gibt es zu sehen, Statuen und Wandmalereien. "Dinge, die Nero selbst angeschaut hat - ein Hauch Weltgeschichte", sagt Reuter voll Vorfreude. Natürlich bekommt auch der Künstler Nero seinen Raum - war es für die römische Oberschicht doch höchst skandalös, dass der Kaiser sich singend und schauspielernd im Applaus des Volks berauschte. Nicht minder aufsehenerregend war Nero, der Sportler. Zwar zeigen Büsten den Besuchern, wie der genussreiche Lebenswandel den Kaiser immer feister und stiernackiger werden ließ. Doch gewann er auf seiner Griechenlandreise sämtliche sportlichen Wettkämpfe, an denen er teilnahm, und brachte laut Reuter am Ende 1808 goldene Siegeskränze nach Hause.

Zwar ist es Ziel der Ausstellung, die Klischees über Nero zu relativieren - seine grausamen Seiten klammert sie deswegen jedoch nicht aus. Kaiser, Künstler, Skandalnudel, Liebhaber, Olympionik, Mörder und Tyrann. Für fast jeden Geschmack dürfte da ein spannendes Stückchen Nero dabei sein.

Anfang Mai treffen die Exponate ein. Bis zum 16. Oktober sind sie zu sehen. Mag das manchem auch lang erscheinen - die Erfahrung mit der Konstantinausstellung zeigt, dass viele Einheimische kurz vor Schluss in langen Schlangen standen, um noch zum Kaiser zu kommen. Also: Lieber rechtzeitig eine Audienz einplanen.

Drei Trierer Museen zeigen vom 14. Mai bis zum 16. Oktober eine große Nero-Ausstellung, die mit 700 Exponaten sämtliche Facetten des Kaisers beleuchtet. Das Rheinische Landesmuseum widmet sich der historischen Persönlichkeit, das Museum am Dom nimmt die Christenverfolgung in den Blick und das Stadtmuseum Simeonstift zeigt, wie die Nachwelt Neros Leben künstlerisch aufgearbeitet hat. Weitere Berichte folgen.Extra

Die Vorgeschichte: Anders als man vermuten mag, ist nicht die erfolgreiche Konstantin-Ausstellung der Grund dafür, dass nun Nero die Massen nach Trier locken soll, sondern eine Ausstellung im Römermuseum Xanten. Reuter, der dieses Haus leitete, ehe er nach Trier kam, hatte dort eine kleine Schau über Kriminalität im Römischen Reich organisiert. Geführt wurden Besucher von Kripobeamten und Archäologen. Die Medien stürzten sich auf das Thema. Das Ganze wurde zum Renner. Ein Erfolg, den der Archäologe wiederholen wollte. Aber wie? Ein Jahr lang habe er nachgedacht, sagt Reuter. Dann war die Idee einer großen Nero-Ausstellung geboren. Diese Idee brachte er mit ins Rom des Nordens und rannte offene Türen ein. Seit rund drei Jahren laufen nun die Vorarbeiten: Zuallererst musste die Finanzierung gesichert werden - allein die Schau im Landesmuseum kostet 2,3 Millionen Euro. Es folgten die Suche nach den rund 400 Exponaten, zahlreiche Museumsbesuche, Leihanfragen, Marketing, Messen, die Auswahl der Ausstellungsgestalter, pädagogische Konzepte, 450 Seiten Text für den Begleitband, Kulissenbau und ein Fluchtwegeplan. Richtig stressig wird es nun, da die Exponate eintreffen und die Eröffnung naht. MosExtra

Rheinisches Landesmuseum setzt Leben des umstrittenen Kaisers emotional in Szene
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Zur Ausstellung erscheint ein 450 Seiten starker Begleitband über Nero, in dem sich Fachleute in 44 Beiträgen mit den verschiedenen Facetten des Herrschers auseinandersetzen. Preis: 29,90 Euro. Mos

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