Theatergeschichte(n): Der Star, die Schauspielerin und der Fan

Wo hört das Ich auf, wo fängt der andere an? Wo endet die Rolle, wo beginnt der Schauspieler und wo der Fan? Diese Dreiecksbeziehung, das Verschmelzen und die Grenzen von Personen auf und vor der Bühne will Gina Haller in ihrem Stück "Romy Schneider" im Rahmen der Reihe "Portraits" nachgehen.

 Überaus wandelbar: So schrill wie hier als Tiger Lily in „Peter Pan“ wird Gina Haller in ihrem „Portrait“ nicht erscheinen. Foto: Vincenzo Laera

Überaus wandelbar: So schrill wie hier als Tiger Lily in „Peter Pan“ wird Gina Haller in ihrem „Portrait“ nicht erscheinen. Foto: Vincenzo Laera

Foto: vincenzo laera (wh_wst )

Dass die 29-Jährige der Schauspiel-Ikone ihr Portrait widmet, ist kein Zufall, gibt es doch durchaus Parallelen zwischen den beiden Frauen. Beide sammeln in jungen Jahren erste Erfahrungen im Schauspiel. Beide zieht es mit etwa 20 Jahren nach Paris, beide leben jahrelang in Frankreich, drehen dort Filme. Beide sind nicht in Deutschland geboren - Schneider 1938 in Wien, Haller 1987 in Basel. Eine weitere Parallele: "Mir ist es wichtig, auf der Bühne etwas von mir zu zeigen", sagt Haller. "Und Romy hat aus sich heraus gespielt."
Wobei Schneider seit ihrem 15. Lebensjahr vor der Kamera steht und mit 19 in Deutschland als Star gefeiert wird. Haller besucht mit 14 Jahren einen Theaterkurs und hat im Herbst ihr erstes Engagement angetreten - am Theater Trier. "Meine Mutter meinte, ich solle noch etwas anderes machen als reiten und Tennis spielen." Bis dato will Haller Berufsreiterin werden. Doch dann nimmt sie die Schauspielerei gefangen. Am Theater Basel spielt sie in "Fucking Amal" mit. "Ich stand jede Woche auf der Bühne, hatte Gastspiele." Das wird ihr zu viel; sie hört auf. Nach dem Abitur geht sie nach Paris, jobbt dort, bis sie entscheidet, Schauspiel zu studieren.
Zwei Jahre nimmt sie Unterricht am Cours Florent Paris. "In Frankreich hat Schauspiel Tradition. Und Pathos." Es gehe mehr darum, wie man spricht, ums Deklarieren. Auch wenn sie viel gelernt habe, sei ihr dies zu eingestaubt. Haller geht zurück in die Schweiz, studiert an der Hochschule der Künste Bern. Sie steht auf der Bühne, dreht Filme - unter anderem ist sie in der Fernsehserie "Borgia" zu sehen.
ie Idee zu Hallers "Portrait", das am Samstag, 18. Juni, im Trierer Studio zu sehen ist, stammt aus dem Studium, das sie im vergangenen Jahr abschloss. Haller hat sie fürs Theater Trier weiterentwickelt. "In meiner Bachelorarbeit habe ich untersucht, was einen bemerkenswerten schauspielerischen Moment ausmacht, anhand von Szenen aus Romy-Schneider-Filmen", sagt sie.
"Ich kannte sie nur aus den "Sissi"-Filmen und fand sie nie interessant." Bis Haller nach Paris kommt. "Ich war überrascht, dass sie in Frankreich eine der größten Schauspielerinnen, eine Ikone, ist. In finde, sie wird wahnsinnig unterschätzt." Haller schaut sich ihre Filme an: "Es gab darin Momente, die ich wahnsinnig gut und berührend fand." In ihrer Arbeit hat Haller herausgearbeitet, wie sie zustande kommen. Ich wollte wissen, kann ich es steuern, diesen Moment auf die Bühne zu bringen."
n Trier geht es Haller mehr um die Frage, "inwieweit kann ich zu ihr, zu Romy, werden". Sie spiele dabei einen Fan, der dieses versuche. Dazu wolle sie Szenen aus Romy-Filmen möglichst authentisch nachstellen. Dazu verwende sie unter anderem eine Szene aus dem Film "Nachtblende", in dem die Schauspielerin in die Kamera weint. "Ich will wissen, was löst dieses intime Moment bei den Zuschauern aus." Es gehe ihr darum, dem Star nahezukommen, aber auch dem Publikum.
"Mit der Rolle als Romy Schneider, mir als Schauspielerin und als Fan entsteht ein Dreieck." Dabei verknüpfe sie auch die Biografien der drei, verwische die Grenzen zwischen den Personen. Für Trier erweitert sie das Spiel um einen Kollegen, Max Roenneberg vom Luzerner Theater. "Er ist mein Fan, und ich bin Fan von Romy Schneider. Ich akzeptiere ihn, weil ich durch ihn zu ihr werde." Parallelen zu Alfred Hitchcocks Film "Vertigo", in dem ein Polizist eine Frau zum Ebenbild seiner verstorbenen Liebe umformt, seien beabsichtigt.
Am Theater reizten sie die vielen Arten von Schauspiel. "Das ist wie beim Eis. Man muss alle Arten ausprobieren, um zu wissen, was einem gefällt."

Weiter geht es mit der "Portraits"-Reihe am Mittwoch, 22. Juni, 21 Uhr, mit Nadia Migdals "Róza und Leon" und am 23. Juni mit Tilman Rose und Barbara Ullmann und "Rocky Balboa".

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