Wiedergelesen - Lieblingsbücher

Trier · Seit einem Jahr findet das pralle Leben ohne Marc Fischer statt. Jetzt werden seine besten Reportagen wiederveröffentlicht in "Die Sache mit dem Ich".

Es ist nicht fair, dass manche Menschen erst sterben müssen, um die Anerkennung zu erhalten, die sie schon zu Lebzeiten verdient gehabt hätten. Zum Beispiel der Journalist Marc Fischer. Wobei "Journalist" nicht ganz zutrifft. Wenn Fischer Menschen und Orte besuchte, ging es nicht ums Sammeln und Sortieren von Fakten, sondern um "Die Sache mit dem Ich". Also um Gefühle. Um die Frage: Wie wirkt das, was ich gerade höre und sehe, auf mich? Das konnte so weit gehen, dass er sich bei einem Termin mit Kate Moss in sie verliebte und dieses Verliebtsein so punktgenau beschrieb, dass man als Leser Kate Moss plötzlich gut fand, nur weil Marc Fischer sie so gut fand. Oder man las seine Beschreibung einer After-Work-Party und wähnte sich schon nach wenigen Zeilen mitten im Getümmel, neben ihm stehend und jeden seiner Kommentare abnickend. Dies gelang ihm durch seine Sprache - so cool und warmherzig, so spielerisch leicht und ernst zugleich schrieb sonst keiner - , vor allem aber durch seine Haltung: In der Welt des Marc Fischer gab es kein uninteressantes Thema, solange man sich mit Haut und Haar darauf einließ (selbst wenn es Karaoke war). Diese Sehnsucht nach dem prallen Leben endete am 2. April 2011 im Alter von 40 Jahren. In einem der Nachrufe heißt es: "Es ist so komisch, dass Marc tot ist, weil er immer viel lebendiger war als die meisten anderen." Frank Jöricke Marc Fischer: Die Sache mit dem Ich, Kiepenheuer & Witsch, 304 Seiten, 14,99 Euro. Diese und weitere TV-Kolumnen finden Sie auch im Internet auf www.volksfreund.de/kolumne

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