20 Windräder als neue Nachbarn für die Maare

Deudesfeld/Meerfeld · Ein neuer Wind weht in Meerfeld, Bettenfeld, Deudesfeld und Eisenschmitt: Ein Investor will in dem Waldgebiet zwischen den vier Kommunen einen Windpark errichten. Kritiker befürchten die Verschandelung der Vulkaneifel-Landschaft.

Deudesfeld/Meerfeld. Wo heute Birken und Fichten wachsen, könnte in zwei Jahren eine Geldquelle für die Gemeinden sprudeln. Gestern hat die Wörrstadter Firma Juwi, Projektentwickler von Anlagen erneuerbarer Energien, in Meerfeld ihr Konzept für einen Windpark vorgestellt. Die Idee: sechs Windräder für Eisenschmitt, je fünf für Bettenfeld und Meerfeld (alle VG Manderscheid), eines für Deudesfeld (VG Daun) und drei für die private arenbergische Revierförsterei. Auf einer etwa acht Kilometer langen Strecke sollen sich die je 200 Meter großen Windräder aneinanderreihen.
Der Investor rechnet damit, dass der Windpark 160 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt - was den Bedarf von mehr als 40 000 Haushalten decken würde, erklärt Ingenieur Axel Straube von Juwi. Zum Vergleich: 2009 haben die Privathaushalte im Kreis Bernkastel-Wittlich 272 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht. Zu 60 Prozent könnte die neue Windkraftanlage, die damit die größte im Landkreis wäre, also diesen Bedarf decken.
Jede Gemeinde erhält pro Jahr und Windrad 50 000 Euro Pacht. Übersteigen die Einkünfte aus dem erzeugten Strom diese Summe, kommen 5,5 Prozent des Nettostromerlöses dazu. Die Schneise, die für den Bau in den Wald geschlagen wird, soll zum größten Teil wieder aufgeforstet werden.
Die Gemeinderäte von Eisenschmitt, Meerfeld und Deudesfeld haben sich bereits grundsätzlich für das Vorhaben ausgesprochen. In Bettenfeld können sich die Bürger am Dienstag, 30. August, ab 19 Uhr im Bürgerhaus über das Projekt informieren. Anschließend tagt auch dort der Gemeinderat. Doch der Investor hat bereits angekündigt, dass er selbst dann zumindest einige der Windräder bauen will, wenn eine Kommune abspringt.
Diese jedoch träumen bereits von der Finanzspritze. Der Deudesfelder Ortsbürgermeister Otmar Eckstein sieht angesichts ständig klammer Gemeindekassen in den 50 000 Euro einen willkommenen Geldsegen - auch im Hinblick auf neue Investitionen wie den möglichen Neubau von Gemeindezentrum und Feuerwehr-Gerätehaus. Georg Fritzsche, Ortschef von Eisenschmitt, wünscht sich wieder einen hauptamtlichen Gemeindearbeiter und möchte in den Tourismus investieren, beispielsweise in Wanderwege. Und natürlich ließen sich mit den Einnahmen auch Schulden senken.
Zunächst aber muss das Genehmigungsverfahren in Gang kommen. Frühestens 2013 könnte der Windpark stehen. Zudem muss zuvor die Regionalvertretung der Planungsgemeinschaft Trier über den Vorschlag des Regionalvorstandes beschließen, der mehr Möglichkeiten für den Bau von Windkraftanlagen vorsieht - unter anderem eben auch in Waldgebieten.
Das war bislang tabu und führt nun zu lautstarker Kritik. Viele der knapp 40 Menschen, die zur Infoveranstaltung nach Meerfeld gekommen waren, äußerten Bedenken, dass die Landschaft sowie die Tier- und Pflanzenwelt unter dem Windpark leiden könnten und kritisierten mögliche Lärmbelästigungen. Laut Straube sind die Windräder bei ungünstigem Wind bis zu 1000 Meter weit zu hören. Die Tiere würden sich primär im Jahr des Baus und der Inbetriebnahme gestört fühlen, gewöhnten sich dann aber an die Geräusche.
Peter Rob, Eisenschmitter Gemeinderatsmitglied und Betreiber des Blockhaus-Ferienparks, hat bereits eine Unterschriftenaktion angekündigt, mit der er sich gegen das Projekt wehren will: "Unsere einzigartige Landschaft wird verschandelt." Rob befürchtet, dass mit den Windanlagen deutlich weniger Touristen in die Vulkaneifel kommen und dass die Immobilienpreise in den Keller gehen.
Kritik, an die sich Straube mittlerweile gewöhnt hat: "Immerhin ist es nicht mehr wie früher, als wir mit faulen Tomaten beworfen worden sind."Meinung

Süße Verlockung für die Gemeinden
Die Vulkaneifel ist stolz - auf ihre Maare, ihre Wälder, ihre erholsame Ruhe. Werden die neuen Kriterien für die Aufstellung von Windrädern nach den Vorstellungen der Planungsgemeinschaft abgesegnet, befassen sich künftig wohl noch viele Gemeinden mit Debatten, wie sie nun in Meerfeld und Eisenschmitt geführt werden. Wälder waren bislang tabu - jetzt stellt sich gerade für die Tourismusorte die Frage: Riskieren sie, dass sich Urlauber und Einwohner möglicherweise an den Windrädern stören, oder widerstehen sie der Versuchung nicht und stopfen ihre klammen Kassen? Da ihnen vielfach die Schulden im Nacken sitzen, sind ihnen die Hände gebunden. Klar ist: Die Investoren machen Tempo. Zieht eine Gemeinde nicht mit, ziehen die Geldgeber weiter. Bitten lassen müssen sie sich nicht mehr. u.quickert@volksfreund.de

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