"Aich sain von Wedlich"

Wittlich · 200 große und kleine Schweine im Haus von Hannemie Streit zeigen auf charmante Weise, dass die Wittlicherin ihrer "Säubrenner"-Heimatstadt bis heute treu geblieben ist. Die 77-Jährige organisiert regelmäßige Treffen für ihre ehemaligen Klassenkameraden und hat stets ein kleines Geschenk für sie bereit.

 Hannemie Streit beschenkt ihre einstigen Mitschüler gern mit kleinen Dingen wie beispielsweise diesen bunten Mini-Schultüten. TV-Foto: Marita Blahak

Hannemie Streit beschenkt ihre einstigen Mitschüler gern mit kleinen Dingen wie beispielsweise diesen bunten Mini-Schultüten. TV-Foto: Marita Blahak

Wittlich. "Ich bin eine waschechte Säubrennerin", sagt Hannemie Streit stolz. Da wundert es nicht, dass der Besucher in ihrem Haus auf jede Menge große und kleine Vierbeiner trifft - ob aus Porzellan und Stein, Stoff oder Plüsch. Und sie sorgt auch dafür, dass ihre ehemaligen Klassenkameraden, die in alle Himmelsrichtungen verstreut sind, regelmäßig in ihre Stadt der Kindheit zurückkommen.
Menschen ganz nah


Der Geburtsjahrgang 1935/36 kommt gerne zusammen und plaudert über alte Zeiten, erzählt die Mutter und Großmutter, deren Mann nach nur fünf Jahren Ehe früh verstarb.
"Von uns 141 Schulkindern kamen zum 70-jährigen Treffen 2005 immerhin 70 Ehemalige", sagt Streit. Seit sie 50 Jahre alt sind, treffen sich die Klassenkameraden alle fünf Jahre. Zum Klassentreffen 1985 hat Hannemie Streit eine eigene Fahne genäht. Alle Adressen hat sie fein säuberlich in einer Mappe aufgelistet. Jährliche Sommerfeste oder Fahrten, an denen meist rund 30 Mitschüler teilnehmen, ergänzen die großen Treffen.
"Und wenn sich unsere Gruppe ab und zu auf dem Wittlicher Markt trifft, dann ist oftmals von allen Seiten zu hören - ach schaut her, die 35er sind wieder da", lacht Streit. Die ausgebildete Dekorateurin beschenkt ihre Mitschüler immer wieder mit kleinen persönlichen Aufmerksamkeiten. Ob "süß" gefüllte Nikolausstiefel, ausgestopfte Stoffmäuse, weihnachtlich dekorierte Faltschachteln oder auch die wie eine Schultafel gestaltete Festschrift - ihre selbst gefertigten Geschenke kommen immer sehr gut an.
Zum Treffen der 75-Jährigen dachte sie sich eine besondere Überraschung aus. Streit füllte Schultüten in Miniatur mit Gummibärchen. "Denn als wir 1942 in die Schule kamen, gab es nicht für jeden eine Schultüte". Das wollte sie mit ihrem Geschenk nun nachholen.
Die bescheidene, herzliche Frau denkt oft an die harten Zeiten zurück. Auch an den Pastor ihrer Gemeinde, der jedem Kind vor dem Weißen Sonntag jeweils ein Kilogramm Zucker und Mehl sowie ein Päckchen Backpulver schenkte, damit die Mütter für die Kommunionfeier einen Kuchen backen konnten. Not macht erfinderisch, weiß sie. Damals dienten Besenstiele, die in mehrere Teile zergesägt, weiß lackiert und mit Wachsresten bestückt wurden, als Kommunionkerzen. "So war es für uns damals ein wenig feierlich in der Kirche", denkt Hannemie Becker, so ihr Mädchenname, zurück. Die Markuskirche hat sie bis heute direkt vor Augen, wenn sie aus ihrem Wohnzimmerfenster blickt.
"Wir Kinder des Jahrgangs 1935/36 haben mit Uwe Seeler, Norbert Blüm oder Woody Allen prominente Altersgenossen", lacht sie.
Und wenn die Wittlicherin mal wieder in ihren Dokumenten blättert, liest sie gerne die Zeilen des Liedes der Daheimgebliebenen mit dem Titel "Aich sain von Wedlich". Text und Melodie schrieb einst Rolf Kaienburg, ein ehemaliger Schulkamerad.

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