Beim Glockenguss sprühen die Funken

Saarburg · Das Museum Glockengießerei Mabilon in Saarburg ist für vier Tage aus seinem Dornröschenschlaf erweckt worden. Drei Eisbildhauer, ein Kunstschmied, zwei Glockengießer und zwei Feuertänzerinnen hauchen ihr Leben ein. Rund 500 Besucher an vier Tagen sind begeistert.

 In Saarburg gießen Glockengießer Hermann Schmitt und sein Team eine 100 Kilogramm schwere Glocke. Die Form wird in den Lehmboden eingegraben und die Bronze auf 1200 Grad Celsius erhitzt. TV-Foto: Alexander Schumitz

In Saarburg gießen Glockengießer Hermann Schmitt und sein Team eine 100 Kilogramm schwere Glocke. Die Form wird in den Lehmboden eingegraben und die Bronze auf 1200 Grad Celsius erhitzt. TV-Foto: Alexander Schumitz

Saarburg. Drei Eisskulpturen stehen im Innenhof der ehemaligen Glockengießerei Mabilon. Die Bildhauer Stefan Lewald, Regina Sein und Falk Kempel haben mit Macheten, Messern und Stecheisen aus Eisblöcken einen Hund, ein Nashorn und einen stehenden Bären geschlagen. Nach drei Tagen ziehen sie immer noch Neugierige bei frostigen Temperaturen an, die vorsichtig über die Figuren streicheln. Aus der Schmiede ist drei Tage lang ein gleichmäßiges Hämmern zu hören. Der Kunstschmied Louis Théobald turnt auf dem Amboss herum, immer auf der Suche nach dem besten Winkel für den nächsten Schlag. Langsam sind die Ohren eines Drachens zu erkennen. Der Kopf leuchtet rot, während der Schmiedehammer auf das glühende Eisen niedersaust. "Hier zu arbeiten ist anregend. Das alte Gemäuer strahlt eine positive Energie aus", sagt Théobald.Währenddessen laufen in der Gießhalle die Vorbereitungen für den ersten Glockenguss seit zehn Jahren auf Hochtouren. Die Glockenform steht in der Grube, die wenige Tage zuvor ausgehoben wurde (der TV berichtete). Hermann Schmitt, Glockengießer aus Brockscheid, justiert mit Lehm die Krone. Sein Sohn Christoph stampft den Boden um die Form fest, und Hans Hein, langjähriger Mitarbeiter der Glockengießerei Hausen-Mabilon, heizt den Ofen an. Immer wieder wirft er Koks nach, damit die Bronze die Gießtemperatur von 1200 Grad Celsius erreicht. Kurzes Gebet vor dem Start

Sobald die Glockenform fertig vorbereitet ist, bittet Hermann Schmitt die 100 Zuschauer in der Gießhalle um Ruhe. Er konzentriert sich und bespricht mit seinen Helfern, wie sie den Tigel mit der Schmelze zur Form fahren. Als es so weit ist, spricht er das kurze Glockengießer-Gebet "Mit Gottes Hilfe". Und schon strömt die Bronze in die Form. Sobald der Schmelztigel leer ist, entspannt sich Hermann Schmitt. Sein Gebet endet mit "Gott sei Dank".20 Stunden später heben die Glockengießer die Glocke vorsichtig aus der Grube. Die Erde dampft noch leicht. Christoph Schmitt kniet unter der Glocke und schlägt vorsichtig den Kern aus. Dann heben die Männer den Lehmmantel ab, und zum ersten Mal können die Zuschauer das Saarburger Stadtwappen bewundern. Für die Glocke hat der Verkehrs- und Verschönerungsverein Saarburg 5000 Euro gestiftet.Wenige Stunden später ist die Gießhalle wieder mit Zuschauern gefüllt. Am Kran hängt die polierte Glocke und wartet darauf, zum ersten Mal angeschlagen zu werden. "Mir war es wichtig, dass mein ältester und mein jüngster Mitarbeiter gemeinsam die Glocke anschlagen", sagt Anette Barth. Auf das Kommando für den ersten Glockenton warten der an einer Muskelerkrankung leidende Marius Betz (18) und Hans Hein (75). Zuvor sagt Hermann Schmitt noch: "Es ist für meine Familie eine besondere Ehre, in der alten Glockegießerei gearbeitet zu haben." Er mahnt: "Die Glockengießerei ist eine Verpflichtung für alle Saarburger. Ein Denkmal, in dem sich so gut Glocken gießen lassen, ist einmalig in Rheinland-Pfalz." Als die Glocke dann erklingt, strahlen nicht nur diejenigen, die an dem Projekt ein Jahr lang mitgearbeitet haben. Viele Saarburger freuen sich darüber, erstmals einen Glockenguss in "ihrer" Gießerei mitzuerleben. Sie warten in einer Schlange geduldig darauf, der neuen Glocke selbst ihren Ton zu entlocken. Die Veranstaltung Feuer und Eis endet mit einer spektakulären Show. Mit ihrem Feuertanz bringen die Fairytales (Saa Schäfer und Andrea Roggon) eine der Eisskulpturen zum Schmelzen. Die Organisatoren planen bereits weitere Veranstaltungen. itzMehr Fotos zu Feuer und Eis gibt es online untervolksfreund.de/fotosExtra

Die Wurzeln der Glockengießerfamilie Mabilon sind in Saumur (Frankreich) und lassen sich bis ins Jahr 1590 zurückverfolgen. Urbanus Mabilon (1740 - 1818) heiratet 1770 Anna Maria Stocky, Tochter des Glockengießers Johann Wilhelm Stocky und wird in Saarburg sesshaft. Für die Laurentiuskirche gießt er mehrere Glocken. Im Gegenzug bekommt er von der Stadt 40 Taler, die Bürgerrechte und vor der untersten Stadtpforte einen Garten, um dort einen Schmelzofen zu errichten. Der letzte Vertreter der Saarburger Glockengießerfamilie, Wolfgang Hausen-Mabilon (1927 - 2012), gibt die Manufaktur 2003 auf und überträgt sie der Stadt. Das Museum Glockengießerei Mabilon kann montags bis freitags zwischen 9 und 17 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen zwischen 11 und 17 Uhr besichtigt werden. itz

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