Damit Wittlichs Herz weiter schlägt

Wittlich · Fraktionsübergreifend hat der Stadtrat dem ersten Innenstadtentwicklungskonzept für Wittlich zugestimmt. Der Leitfaden für künftige Entscheidungen ist ein Bekenntnis zur zentralen Bedeutung des Stadtkerns. Ziel ist, das zu erhalten und zu stärken, was man gemeinhin "Wittlich" nennt. Außerdem ist das Konzept Voraussetzung für Zuschüsse.

Wittlich. Was ist "Wittlich"? Darauf gibt es viele Antworten wie: Mittelzentrum, Wirtschafts-, Verwaltungs-, Schulstandort. Antworten, die beliebig klingen, aber zu Wittlichs individueller Stadtgeschichte gehören. Die begann klein, zwischen Mauern, die längst verschwunden sind, auch wenn sie dieser Tage wieder wichtig werden - für die Sage zur Säubrennerkirmes. Das Volksfest ist ein gutes Beispiel für das, was Wittlich eben nicht beliebig macht: das Stadtzentrum. Herz oder gar Seele nennt man es, weil es existenziell wichtig ist. Das Innenstadtentwicklungskonzept will für diesen Teil Wittlichs, vereinfacht gesagt, klären: Wie sieht dieses Herz aus, was hält es am Leben und wie kann man es stärken?
Maßnahmenbeispiele aus dem Konzept zum Thema Wohnen sind: Sanierung und Modernisierung durch Eigentümer, dazu Beratungsgutscheine bei Architekten, Rückbau ungenutzter Gebäude, Entsiegelung, Bau von Quartiersgaragen, Anwohnerparksystem, Mehrgenerationenprojekte, wohnungsnahes Einkaufen in der Innenstadt fördern. Überall will dabei die Stadtverwaltung helfen, denn in Verbindung mit dem Konzept geht es auch ums Geld.
Mit dem Konzept werden nämlich Zuschüsse möglich, die Eigentümer etwa für Sanierungen über das Förderprogramm "Aktive Stadtzentren" von Bund, Land, Stadt bekommen können (der TV berichtete mehrfach).
Zum anderen geht es um Geld, das Investoren in der Stadt machen wollen: Jetzt hat der Rat selbst etwas Handfestes, um seine Entscheidungen pro oder contra abzuwägen.
Und es geht um das Geld, das die Stadt zusätzlich ausgeben will, um eben das Herz am Schlagen zu halten. Bis jetzt war nämlich ungeklärt: Wo und wie pumpt man es am besten in Wittlichs Blutkreislauf zum Herzen? Wie sieht der eigentlich in seiner Komplexität aus?
Das Ergebnis liegt vor: 160 Seiten, an denen Verwaltung, Stadträte, Vertreter des Stadtmarketingvereins am sogenannten Runden Tisch seit über zwei Jahren gearbeitet haben. Es ist eine ganzheitliche Bilanz des Ist-Zustandes und möglicher Ziele für die Zukunft, gegliedert in sieben Schwerpunkte vom Stadtbild, über die Immobilienstruktur, Wohnen, Verkehr bis zu Grünflächen und Tourismus.
Von zentraler Wichtigkeit ist aber, dass das Konzept Grundlage für Zuschüsse aus dem Fördertopf "Aktive Stadtzentren" ist. Damit sollen Eigentümer finanzielle Anreize erhalten, ihre Immobilien zu modernisieren, um die Attraktivität des Stadtkerns und damit seine Funktion zu erhalten und zu verbessern. Deshalb steht drin, was den untersuchten Bereich von fast neun Hektar etwa im Gegensatz zu Neubau- oder Industriegebieten, die überall sein könnten, ausmacht, wo Chancen und Probleme liegen. Dabei heißt ein formuliertes Ziel: Erhalt der städtebaulichen Grundstruktur und des kleingliedrigen Stadtbildes sowie der Plätze und Stadträume - und deren Aufwertung. In dieser Klarheit ist das neu für Wittlich.

Die Arbeit ist ein Leitfaden, der fortzuschreiben ist. Er schließt mit einer Auflistung von Maßnahmen, die kurz- bis langfristig angepackt werden sollen oder können. Dabei gibt es neue Ansätze, wie etwa der Vorschlag, die Lieser besser zu integrieren oder die Entwicklungsziele: mehr privates Grün und mehr private Stellplätze.
Gewünscht ist, dass weiterhin ein Runder Tisch den Prozess begleitet. Das Konzept soll ins Internet gestellt werden. Hätte man eine externe Firma beauftragt, hätte es 150 000 Euro gekostet, hieß es.Meinung

Profil erhalten statt Gesichtslosigkeit
Dieses Konzept ist anders. Keine externe Firma hat mit allgemeinen Textbausteinen ein austauschbares Werk vorgelegt, viele "Interne" waren beteiligt. Das Ergebnis ist womöglich eine Wende: Weg von Abriss und punktuellem Großprojekt, hin zum Erhalt dessen, was das Zentrum - noch - ausmacht: Seine kleinteilige Struktur, ein Stadtbild, mit der Wittlich punkten kann. Tut man nichts, droht eine Innenstadt, in der nichts mehr los ist. Das Konzept macht für den Erhalt der Innenstadtfunktion Zuschüsse für Private möglich. Die müssen mitziehen. Die Politik will dabei mithelfen und hat endlich eine Grundlage, die definiert, wie sie gute Entscheidungen treffen kann. s.suennen@volksfreund.de

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